Weitere Kritik am Vatikan-Nein: In der Debatte um die Segnung von homosexuellen Paaren haben sich weitere deutsche Bischöfe gegen die Position der Glaubensgesprächgewandt.
Aachen/Essen – In der Debatte um die Segnung von homosexuellen Paaren haben sich weitere deutsche Bischöfe gegen das Nein aus dem Vatikan gewandt. Einwände aus Rom dürften Diskussionen nicht beenden, sagte der Aachener Bischof Helmut Dieser am Freitagabend bei einer Online-Veranstaltung. „Das ist naiv und zerstörerisch und richtet unglaublichen Schaden an.“ Dieser sprach sich dafür aus, mit dem Papst und der Glaubenskongregation in den Dialog zu gehen, „um diesen Impuls zu setzen, dass wir weiterkommen müssen“.
Am Montag hatte die Glaubenskongregation im Vatikan erklärt, die katholische Kirche habe keine Vollmacht, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu segnen. Diese Verbindungen entsprächen nicht dem göttlichen Willen. Deshalb könnten sie nicht gesegnet werden. Das Papier hatte unter deutschen Bischöfen Zustimmung und Kritik hervorgerufen.
Overbeck fordert Neubewertung
Dieser, der auch am Reformdialog Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland teilnimmt, sprach sich für eine Öffnung der katholischen Sexuallehre aus. „Wir wollen mit unserem Forum einen Impuls geben, die Sexuallehre der Kirche weiterzuentwickeln“, sagte er. Der Bischof leitet im Rahmen der Reformdebatte ein Forum zum Thema Sexualität und Partnerschaft.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck forderte „eine ernsthafte und zutiefst wertschätzende Neubewertung der Homosexualität“. Die bloße Wiederholung der lehramtlichen „Wertung von Homosexualität auf naturrechtlicher Basis“ werde in der Gegenwart nicht mehr verstanden und auch nicht mehr akzeptiert. Dies schrieb Overbeck in einem am Freitag veröffentlichten Brief an alle Pfarreien im Bistum Essen. „Menschen mit einer homosexuellen Orientierung fühlen sich gekränkt und verletzt.“
Laien fordern Bischöfe zum Widerspruch gegen Vatikan auf
Der Ruhrbischof berichtete über „zahlreiche Rückmeldungen“ nach der Äußerung des Vatikan. Gerade in den Zuschriften vieler Seelsorgerinnen und Seelsorger komme „eine offene Ablehnung der lehramtlichen Position zum Ausdruck, die nicht mehr ignoriert werden darf“. Bei aller Wertschätzung von Schriftzeugnis, Lehramt und Tradition müsse es um eine „Übersetzung der Zeichen der Zeit“ gehen.
Katholische Laien aus den Bistümern Aachen und Münster hatten ihre Bischöfe indes zum Widerspruch aufgefordert. Aachens Bischof Dieser müsse das Verbot der Glaubenskongregation offiziell zurückweisen, um „Schaden von den Menschen abzuwenden und die Selbstbeschädigung des kirchlichen Lehramtes aufzuhalten“, erklärte der Diözesanrat der Katholiken im Bistum.
„Schaden von Menschen abwenden“
Die Forderung des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster richtete sich an alle deutschen Bischöfe. „Wir halten es für eine unabdingbare Pflicht jedes verantwortungsbewussten Amtsträgers, Schaden von den Menschen abzuwenden und die vatikanischen Behörden auf die Selbstbeschädigung des kirchlichen Lehramtes durch eine offizielle Zurückweisung der lehramtlichen Note hinzuweisen.“
Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. Ausgangspunkt ist eine jahrelange Kirchenkrise, die der Missbrauchsskandal verschärft hat. In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle der Frauen in der Kirche.