Katholische Laien- und Jugendverbände halten die angekündigten Maßnahmen nach der Vorstellung eines Missbrauchsgutachtens im Erzbistum Köln für unzureichend.
Köln – Katholische Laien- und Jugendverbände halten die angekündigten Maßnahmen nach der Vorstellung eines Missbrauchsgutachtens im Erzbistum Köln für unzureichend. Der Diözesanrat der Katholiken forderte am Dienstag in Köln, dass in der Missbrauchsaufarbeitung nicht nur enge juristische, sondern auch moralische Standards zum Tragen kommen. „Wer aus moralischer Sicht schwere Verfehlungen auf sich geladen hat, kann die Institution schwer glaubwürdig repräsentieren.“ Notwendig sei ein öffentliches Schuldbekenntnis im Dom.
BDKJ fordert moralische Verantwortungsübernahme
Maßnahmen wie etwa fälschungssichere Akten bezeichnete der Diözesanrat als Selbstverständlichkeiten. „Die Aufarbeitung muss nun mit aller Konsequenz vorangetrieben und die Maßnahmen weiterentwickelt werden“, mahnte das Gremium. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Köln forderte, dass auch Missbrauch begünstigende Faktoren wie Macht, Klerikalismus und Sexualmoral anzugehen seien. Der Verband mahnte ebenfalls eine moralische Verantwortungsübernahme an. „Jede*r, der*die über Missbrauchstaten und den Umgang mit diesen Bescheid wusste, hat zumindest moralische Verantwortung zu tragen“, so der Verband. „Diese lässt sich nicht juristisch klären.“
Vergangenen Donnerstag hatte die Kanzlei Gercke Wollschläger ein Missbrauchsgutachten im Auftrag des Erzbistums Köln vorgestellt. Die Juristen untersuchten auch, ob hohe Amtsträger wie Erzbischöfe, Generalvikare und Personalchefs Missbrauch vertuschten und Täter schützten. In 24 von 236 Akten aus den Jahren 1975 bis 2018 stießen sie auf insgesamt 75 Pflichtverletzungen. Dennoch sprachen die Gutachter nicht von systematischer, wohl aber von systembedingter Vertuschung.
Aktenführung professionalisieren
Das Gercke-Team riet auch zu Verbesserungen: Das Erzbistum solle unter anderem die Aktenführung professionalisieren, Führungskräfte weiterbilden und anonyme Meldewege schaffen. Am Dienstag stellten Kardinal Rainer Maria Woelki und Generalvikar Markus Hofmann entsprechende organisatorische Maßnahmen vor. In den vergangenen Monaten hatte es eine hart geführte Debatte um das Missbrauchsgutachten gegeben, in deren Zug der BDKJ-Diözesanverband den Rücktritt von Woelki gefordert hatte. Dem Kardinal wiesen die Gutachter kein Fehlverhalten nach.