Urteil zu Kardinal Barbarin erwartet

Für Mittwoch wird der Ausgang des zivilrechtlichen Prozesses gegen den französischen Kardinal Philippe Barbarin wegen Missbrauchsvertuschung erwartet.
Paris – Für Mittwoch wird der Ausgang des zivilrechtlichen Prozesses gegen den französischen Kardinal Philippe Barbarin wegen Missbrauchsvertuschung erwartet. Teile des 2020 beendeten Strafrechtsprozesses wurden darin neu aufgerollt. Dies könnte unter Umständen in eine Verurteilung zu Schadenersatzzahlungen durch den früheren Erzbischof von Lyon münden. Zivilkläger hatten beim Kassationsgericht Berufung eingelegt. Dessen Staatsanwaltschaft befürworte eine "teilweise" Aufhebung des Urteils des Lyoner Berufungsgerichts vom Vorjahr, hieß es.

Kardinal Philippe Barbarin (Foto: MEDEF/CC BY-SA 2.0)

ür Mittwoch wird der Ausgang des zivilrechtlichen Prozesses gegen den französischen Kardinal Philippe Barbarin wegen Missbrauchsvertuschung erwartet. Teile des 2020 beendeten Strafrechtsprozesses wurden darin neu aufgerollt. Dies könnte unter Umständen in eine Verurteilung zu Schadenersatzzahlungen durch den früheren Erzbischof von Lyon münden. Zivilkläger hatten beim Kassationsgericht Berufung eingelegt. Dessen Staatsanwaltschaft befürworte eine „teilweise“ Aufhebung des Urteils des Lyoner Berufungsgerichts vom Vorjahr, hieß es.

Die Anhörung vor dem Kassationsgericht hat keine Auswirkungen auf den strafrechtlichen Aspekt des Falles und stellt die im Januar 2020 verkündete endgültige strafrechtliche Entlastung nicht in Frage. Wenn das Gericht aber dem Staatsanwalt folgt, könnte der Kardinal gegenüber den Opfern zivilrechtlich für mögliche Schäden haftbar gemacht werden.

Diese Entscheidung hätte auch hohe symbolische Bedeutung und könnte eine neuerliche öffentliche Diskussion des Falls nach sich ziehen. Für die Zivilkläger fragte deren Anwalt Patrice Spinosi zum Auftakt des Zivilprozesses: „Die Frage ist, ob in unserem Land ein Mann, der über sexuelle Übergriffe Bescheid weiß, beschließen kann, nicht darüber zu sprechen.“

Der rechtlich verzwickte Fall hatte über mehrere Jahre und juristische Instanzen hinweg Schlagzeilen gemacht. Anfang 2020 wurde Barbarin vom Berufungsgericht in Lyon vom Vorwurf der Nichtanzeige sexueller Übergriffe freigesprochen. Während des Prozesses hatte sich neben Barbarins Anwalt auch die Staatsanwaltschaft für einen Freispruch ausgesprochen.

Zuvor war Barbarin, von 2002 bis März 2020 Erzbischof von Lyon und „Primas Galliens“, im März 2019 in erster Instanz wegen Nichtanzeige von Missbrauchsfällen schuldig gesprochen und zu sechs Monaten Bewährungsstrafe verurteilt worden. Zehn ehemalige Pfadfinder und mutmaßliche Opfer des Priesters Bernard Preynat traten als Nebenkläger auf.

Bereits 2016 war gegen Barbarin ermittelt worden, weil er Fälle sexuellen Missbrauchs nicht bei den staatlichen Behörden angezeigt habe. Damals stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach einigen Monaten ein; es habe keine Hinweise auf eine Straftat Barbarins gegeben. In einem separaten Prozess wurde der Priester Preynat im März 2020 zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Der 70-jährige Barbarin lebt seit seinem vorzeitigen Amtsverzicht in einem bretonischen Dorf bei Rennes. Die mehrjährigen Prozesse und das vorzeitige Ende seiner Amtszeit hat er in einem Buch aufgearbeitet. „En mon ame et conscience“ (In meiner Seele und meinem Gewissen) erschien im Oktober.

Barbarin sagte damals, er leide darunter, durch die Prozesse zu einem öffentlichen „Symbol für Pädophilie“ geworden zu sein. Solche Anfeindungen träfen den weniger prominenten Missbrauchstäter selbst, den Priester Preynat, weniger. Dieser müsse sich nicht auf der Strafe ansprechen oder anspucken lassen. Preynat müsse endlich öffentlich um Entschuldigung bitten. Die Opfer litten seit Jahrzehnten, viel länger als er selbst. – Im Oktober ernannte Papst Franziskus Olivier de Germay (60), zuvor Bischof von Ajaccio auf Korsika, zu Barbarins Nachfolger in Lyon.

Von Alexander Brüggemann (KNA)