Karl Lauterbach (58), SPD-Gesundheitsexperte, hat die katholische Kirche verlassen. „Es war eine Gewissensentscheidung“, sagte der Bundestagsabgeordnete
Köln (KNA) Karl Lauterbach (58), SPD-Gesundheitsexperte, hat die katholische Kirche verlassen. „Es war eine Gewissensentscheidung“, sagte der Bundestagsabgeordnete im Podcast „Talk mit K“ des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er sei schon vor Jahren ausgetreten, als ihm das Ausmaß von sexuellem Missbrauch in der Kirche bewusst geworden sei, auch im Erzbistum Köln. Lauterbach wurde nach eigenem Bekunden in seiner Kindheit von der katholischen Religion sehr stark geprägt. Zum Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche sagte er: „Als junger Katholik hätte ich es niemals für denkbar gehalten, dass es so etwas gibt, und das bestürzt mich stark.“
Die derzeitigen gehäuften Kirchenaustritte nannte der Politiker nachvollziehbar. Den Umgang des Erzbistums Köln mit diesem Problem könne man „bestenfalls noch als unglücklich bezeichnen“, so Lauterbach. „Aus der Perspektive der Opfer tun sich Abgründe auf.“ Das Amtsgericht Köln verzeichnet für die ersten sechs Monate dieses Jahres mehr Termine für Kirchenaustritte als im gesamten Jahr 2020.
Trotz allem stehe er der katholischen Kirche immer noch nah, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete. Die Kirchen hätten eine wichtige soziale Funktion. In einer Gesellschaft, in der es vielen nur noch um Geld und Macht gehe, könnten sie sinnstiftende Gegenpole sein. „Ich habe meinen Austritt damals nicht an die große Glocke gehängt und würde auch nicht ausschließen, dass ich wieder eintrete, wenn sich die Dinge ändern“, so Lauterbach.
An der Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln hatte sich in den vergangenen Monaten eine heftige Debatte entzündet. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ließ ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten nicht veröffentlichen und begründete dies mit methodischen Mängeln. Kritiker warfen ihm daraufhin mangelnden Aufklärungswillen und schlechte Kommunikation vor. Ein zweites Gutachten wurde Mitte März präsentiert. Es weist acht hohen Amtsträgern des Erzbistums 75 Pflichtverletzungen im Umgang mit Missbrauchsfällen nach; Woelki selbst wurde entlastet.