Eine Mehrheit der Deutschen hat sich vor einem Jahr eine „eindeutige Berichterstattung“ über die Corona-Pandemie gewünscht.
Berlin – Eine Mehrheit der Deutschen hat sich vor einem Jahr eine „eindeutige Berichterstattung“ über die Corona-Pandemie gewünscht. Nur eine Minderheit wollte, dass Journalisten die Politik und die Wissenschaft kritisch hinterfragen, sagte die Kommunikationswissenschaftlerin Senja Post im Interview der „Welt“ (Donnerstag). Sie hat eine repräsentative Befragung zur Kommunikation im ersten Lockdown durchgeführt.
Bedürfnis nach eindeutiger Information
Eindeutige Berichterstattung wünschten sich vor allem Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach Verlässlichkeit, erklärte Post. „Eine kritischere Berichterstattung hingegen erwarten eher solche, die sich auf der Basis einer größeren Bandbreite von Einschätzungen ein eigenes Urteil bilden wollten.“ Jene mit einem Bedürfnis nach eindeutiger Information zeigten sich eher zufrieden mit der Kommunikation von Politikern, Medien und Wissenschaftlern im Frühjahr 2020.
Dabei spiele auch die jeweilige Lebenssituation eine Rolle, fügte die Professorin hinzu. Wer eine gefährdete Gesundheit habe und finanziell abgesichert sei, hatte „vermutlich eine starke Motivation, die Maßnahmen zu akzeptieren und Kritik dagegen abzuwehren. Umgekehrt hatten diejenigen, die finanziell oder anderweitig vom Pandemiemanagement betroffen waren, vermutlich eine deutlich größere Motivation zu Kritik. Dieser Sprengsatz zur Spaltung ist in dieser und vielen anderen Krisen von Anfang an angelegt und kann in ausgewachsene Konflikte münden.“
Debatte der Bürger auf das Pandemie-Management lenken
In extremer Ausprägung könne beides anfällig für Wissenschaftsfeindlichkeit machen, mahnte Post. Der Wunsch nach Diskurs sei „nicht wissenschaftsfeindlicher als der zumeist ja illusorische Wunsch nach definitiven Expertenurteilen“. Das Ziel kann ihrer Ansicht nach nicht sein, dass Laien über hochspezialisierte Wissenschaft diskutieren. „Die Debatte der Bürger sollte auf das Pandemiemanagement gelenkt werden – unter Anerkennung des derzeit verfügbaren Wissens und der existierenden Wissenslücken.“
Die Wissenschaft könne der Politik nicht vorgeben, was zu tun sei, betonte die Forscherin. „Zur Politik gehört nicht nur das Wissen, sondern zum Beispiel auch eine Priorisierung von Zielen.“ Wie diese vorgenommen werde, hänge auch von Werten ab – und Wertentscheidungen stünden allen Bürgern zu.