Kirchen wollen gemeinsamen Religionsunterricht einführen

Katholische und evangelische Kirche in Niedersachsen wollen künftig einen „gemeinsam verantworteten christlichen Religionsunterricht“ im Land einführen.
Hannover – Katholische und evangelische Kirche in Niedersachsen wollen künftig einen "gemeinsam verantworteten christlichen Religionsunterricht" im Land einführen. Ein entsprechendes Positionspapier stellten Vertreter der Bistümer und Landeskirchen am Mittwoch in Hannover vor. Es handele sich um ein bundesweit einmaliges Konzept, das über die bisherige Kooperation der beiden Kirchen beim Religionsunterricht hinausgehe. So sei etwa die Entwicklung eines gemeinsamen Lehrplans angedacht. Auf Grundlage des Papiers wolle man nun in einjährige Beratungen mit dem Land sowie mit Lehrern, Schülern, Eltern und weiteren Fachleuten einsteigen.

–Symbolfoto: Wokandapix auf Pixabay

Katholische und evangelische Kirche in Niedersachsen wollen künftig einen „gemeinsam verantworteten christlichen Religionsunterricht“ im Land einführen. Ein entsprechendes Positionspapier stellten Vertreter der Bistümer und Landeskirchen am Mittwoch in Hannover vor. Es handele sich um ein bundesweit einmaliges Konzept, das über die bisherige Kooperation der beiden Kirchen beim Religionsunterricht hinausgehe. So sei etwa die Entwicklung eines gemeinsamen Lehrplans angedacht. Auf Grundlage des Papiers wolle man nun in einjährige Beratungen mit dem Land sowie mit Lehrern, Schülern, Eltern und weiteren Fachleuten einsteigen.

Bisher gebe es in Niedersachsen die Möglichkeit, dass katholische Schülerinnen und Schüler am evangelischen Unterricht teilnehmen und umgekehrt, wenn sich aus organisatorischen Gründen kein Unterricht in getrennten Gruppen einrichten lasse, erläuterte der Leiter der Hauptabteilung Bildung im Bistum Hildesheim, Jörg-Dieter Wächter. Diese konfessionelle Kooperation finde in immer höherem Maße statt. Zugleich gehe der Sinn und die Plausibilität dafür, Kinder nach Konfessionen zu trennen, immer mehr verloren. Daher habe man auf Basis „der exzellenten ökumenischen Erfahrungen“ ein neues Modell des Religionsunterrichts für die Verhältnisse in Niedersachsen erarbeitet.

Unterricht bleibe bekenntnisorientiert

Der neue Unterricht soll nach einer mit dem Land zu vereinbarenden Übergangszeit an die Stelle der Fächer Evangelische und Katholische Religion treten, sagte die Bevollmächtigte der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und Leiterin der Bildungsabteilung der Landeskirche Hannovers, Kerstin Gäfgen-Track. Dabei solle der Rechtsanspruch auf einen eigenen Religionsunterricht der Konfessionen nicht aufgegeben werden. Der Unterricht bleibe bekenntnisorientiert nach Artikel 7 des Grundgesetzes, so Gäfgen-Track. Er werde weiterhin entweder von einer katholischen oder evangelischen Lehrkraft erteilt. An der nach Konfessionen getrennten Ausbildung der Religionslehrer wolle man festhalten, auch um die Einstellung von Pädagogen aus anderen Bundesländern weiter zu ermöglichen. Allerdings solle eine von beiden Kirchen gemeinsam besetzte Stelle geschaffen werden, die für die Akkreditierung der Studiengänge zuständig und Ansprechpartner für den gemeinsam konzipierten Unterricht sei.

Alle Anregungen, Kritikpunkte und offenen Fragen aus dem Beratungsprozess sollen den Organisatoren zufolge in ein abschließendes Symposion im Mai 2022 einfließen. Das Konzept wurde von den fünf evangelischen Kirchen in Niedersachsen, den katholischen Bistümern Hildesheim und Osnabrück sowie dem Bischöflich Münsterschen Offizialat in Vechta erarbeitet. In Niedersachsen hatten katholische und evangelische Kirche 1998 bundesweit erstmals eine Vereinbarung getroffen, die gemischt-konfessionellen „kooperativen“ Religionsunterricht in Ausnahmefällen möglich macht. Ähnliche Formen der Zusammenarbeit gibt es mittlerweile auch in anderen Bundesländern. Im Regelfall wird jedoch bis heute entweder evangelischer oder katholischer Unterricht erteilt.

Von Michael Althaus (KNA)

Stichwort: Religionsunterricht

Der Religionsunterricht in Deutschland ist als einziges Unterrichtsfach im Grundgesetz abgesichert. Als ordentliches Lehrfach ist er in den meisten Bundesländern den übrigen Schulfächern gleichgestellt. Schüler können sich aber aus Gewissensgründen abmelden. Artikel 7 des Grundgesetzes schreibt vor, dass der Religionsunterricht unter staatlicher Aufsicht steht. Die Einrichtung des Religionsunterrichtes ist in der Regel Sache der Länder. Da der Staat aber zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet ist, bestimmen über die Inhalte meist die Religionsgemeinschaften selber.

Traditionell wird der christliche Religionsunterricht nach Konfessionen getrennt angeboten. In den vergangenen Jahren gibt es jedoch in mehreren Bundesländern Bemühungen von evangelischer und katholischer Kirche, bei der Erteilung des Unterrichts zu kooperieren. So besteht etwa in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens die Möglichkeit, gemischt-konfessionellen Religionsunterrichteinzurichten, wenn aus Mangel an Teilnehmern ein eigener katholischer oder evangelischer Unterricht nicht zustande kommt. In Hamburg gibt es bereits seit Jahrzehnten das Modell eines „Religionsunterrichts für alle“, der zunächst allein von der evangelischen Kirche und seit 2019 auch von Juden, Muslimen und Aleviten gemeinsam verantwortet wird.

In Niedersachsen hatten katholische und evangelische Kirche 1998 bundesweit erstmals eine Vereinbarung getroffen, die gemischt-konfessionellen Religionsunterricht in Ausnahmefällen und nach Genehmigung möglich macht, der aber weiterhin von einer Konfession verantwortet ist. Nun wollen sie einen „gemeinsam verantworteten christlichen Religionsunterricht“ zur Regel machen und darüber in die Beratungen mit dem Land einsteigen.

kna