Kardinal Woelki tauscht Leitung des Priesterseminars aus

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat die komplette Leitung des Priesterseminars in Bonn ausgetauscht. Das gab das Erzbistum Köln am Montag bekannt.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat die komplette Leitung des Priesterseminars in Bonn ausgetauscht. Das gab das Erzbistum Köln am Montag bekannt.

Pfarrer Regamy Thillainathan zum neuen Regens und Direktor des Priesterseminar im Erzbistum Köln ernannt.-Foto: Erzbistum Köln

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat die komplette Leitung des Priesterseminars in Bonn ausgetauscht. Das gab das Erzbistum Köln am Montag bekannt. Das Erzbischöfliche Priesterseminar Köln und das Erzbischöfliche Theologenkonvikt Collegium Albertinum Bonn erhalten demnach zum 1. September 2021 eine neue Leitung: Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hat Mitte Mai Pfarrer Regamy Thillainathan zum neuen Regens und Direktor ernannt.

Erzbistum Köln lässt Anfragen unbeantwortet

„Kölner Stadt-Anzeigers“ berichtet, der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wolle am Montag die komplette Leitung des Priesterseminars in Bonn austauschen. Nach Angaben des „Stadt-Anzeigers“ wollte sich das Erzbistum bisher nicht zu den Hintergründen äußern. Auch eine Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) blieb bis Sonntagabend unbeantwortet.

In seiner neuen Position verantwortet Pfarrer Thillainathan die Priesterausbildung im Erzbistum Köln. Er folgt auf den umstrittenen Pater Romano Christen (FSCB), der noch bis zum 31. August 2021 Direktor des Collegium Albertinum und kommissarischer Regens des Priesterseminars ist.  Die erfolgte Ernennung wurde am Montag den Seminaristen und Studenten mitgeteilt. Aufgrund der umfassenden Sanierung des Priesterseminars in der Kölner Innenstadt haben beide Institutionen der Priesterausbildung bis auf Weiteres ihren Sitz am Standort des Collegium Albertinum in Bonn.

Woelki spricht von Zeichen des Aufbruchs

Ebenfalls zum 1. September 2021 übernimmt Pfarrer Ralf Neukirchen die Aufgabe des Spirituals im Priesterseminar sowie im Collegium Albertinum. Als Geistlicher Begleiter für die Priesteramtskandidaten wird er Nachfolger von Pfarrer Dr. Axel Hammes. Darüber hinaus wird Pfarrer Neukirchen auch Spiritual am Erzbischöflichen Diakoneninstitut. Hier folgt er auf Prälat Josef Sauerborn. Erste Gespräche zwischen dem Erzbistum und den Beteiligten des Leitungswechsels begannen bereits im Vorjahr und wurden Mitte Mai abgeschlossen.

„Mit den Berufungen von Pfarrer Regamy Thillainathan und Pfarrer Ralf Neukirchen will ich ein starkes Zeichen des Aufbruchs setzen“, erklärte Kardinal Woelki. Damit verbunden sei die Hoffnung auf neue Akzente in einer zukunftsweisenden Priesterausbildung, die auch die Erkenntnisse aus der Unabhängigen Untersuchung berücksichtigt. Zugleich bedankte Woelki sich „von Herzen“ bei Pater Romano Christen, Pfarrer Dr. Axel Hammes und Prälat Josef Sauerborn dafür, dass sie die Aufgaben des Regens und Direktors sowie der Spirituale in den vergangenen Jahren engagiert verantwortet und geprägt haben. „Mit ihrer Arbeit haben sie die Neuausrichtung der Priesterausbildung mit auf den Weg gebracht sowie erste Umsetzungsschritte eingeleitet“, sagte Woelki.

Anruf von Papst Franziskus

Regamy Thillainathan, Jahrgang1982, ist in Neuss aufgewachsen und hat sri-lankische Wurzeln. Nach dem Abitur in Neuss und der Aufnahme ins Collegium Albertinum studierte er Theologie in Bonn, Pune/Indien und Burgos/Spanien. 2008 wurde er zum Diakon geweiht und empfing 2009 die Priesterweihe. Nach Stationen in Düsseldorf erfolgte 2015 seine Berufung zum Diözesandirektor und Leiter der Diözesanstelle für Berufungspastoral im Erzbistum Köln. Seit dem 1. September 2019 ist er zudem im Mentorat für Studierende der katholischen Theologie in Bonn tätig. Er ist Mitglied der Corpus-Christi-Priesterbewegung.

„Die Erfahrungen aus verschiedenen Ländern und Kulturen will ich ebenso mit in die zukünftige Priesterausbildung einfließen lassen, wie die Sorge um die Ärmsten der Armen“, sagte Thillainathan. „Mein Primizspruch lautet ‚Ich bin mit Dir‘. Das ist Gottes Zusage an uns Menschen. Diese Botschaft möchte ich leben und weitergeben. Sie soll mir auch als Richtschnur meiner künftigen Arbeit dienen.“

Für Schlagzeilen gesorgt

Pfarrer Regamy Thillainathan hatte in den letzten Monaten für Schlagzeilen gesorgt, als er mitten in einer Videokonferenz einen persönlichen Anruf von Papst Franziskus auf seinem Handy erhielt. Er habe geglaubt, seine Mutter sei am Telefon und habe daher fast nicht abgenommen, berichtete er. Hintergrund des Anrufs war eine persönliche Begegnung im Vatikan, wo er dem Papst einen persönlichen Brief überreicht hatte, in dem es unter anderem um die Theologiestudierenden im Erzbistum Köln gegangen sei. Außerdem hatte sich Thillainathan in letzter Zeit häufiger kritisch zum Thema Rassismus geäußert und dabei auch Fälle von strukturellem Rassismus in der Kirche angeprangert.

Der künftige Spiritual Ralf Neukirchen, Jahrgang 1971, ist in Altwindeck und Dattenfeld im Rhein-Sieg-Kreis aufgewachsen. Nach seiner Berufsausbildung zum Verwaltungsfachangestellten holte er im Collegium Marianum das Abitur am Friedrich-Spee-Kolleg in Neuss nach. Er studierte Theologie in Bonn und Rom. Nach seiner Priesterweihe im Jahr 2005 wirkte er als Kaplan in Bornheim, Lindlar und Bonn. In den vergangenen Jahren war er als Pfarrer an der Kölner Pfarrei Heiliger Johannes XXIII. in Chorweiler, Heimersdorf und Merkenich tätig. Vor allem in den sozialen Brennpunkten setzte er starke seelsorgliche Akzente.

Kardinal Woelki tauscht Leitung des Priesterseminars aus

Die Pfarrer Thillainathan und Neukirchen werden zusammen mit Repetent Markus Söhnlein und der ebenfalls neu ernannten Referentin in der Priester- und Diakonenausbildung, Dr. Carmen Breuckmann-Giertz, das Leitungsteam bilden und die Priesterausbildung gemeinsam verantworten. Diese Personalie hatte das Erzbistum bereits in der vorigen Woche bekannt gegeben. Laut Medienberichten vom Wochenende sollte auch der stellvertretende Regens Tobias Hopmann ersetzt werden – durch den bisherigen Studienbegleiter (Repetent) Markus Söhnlein. In der nun veröffentlichten Mitteilung des Erzbistums wird Söhnlein aber weiterhin als Repetetent bezeichnet.

Pater Romano Christen wechselt zum 1. September 2021 in die Kommunität der „Priesterbruderschaft der Missionare des Hl. Karl Borromäus“ (FSCB) nach Bad Godesberg und übernimmt dort eine Aufgabe als Pfarrvikar. Pfr. Dr. Axel Hammes führt seine Dozententätigkeiten am Erzbischöflichen Priesterseminar Köln, am Erzbischöflichen Diakoneninstitut Köln sowie am Priesterseminar St. Lambert Burg Lantershofen für die Fächer Neues Testament und Homiletik weiter. Zudem wird er eine weitere seelsorgliche Aufgabe übernehmen, über die er derzeit mit der Personalabteilung noch im Gespräch ist.

Woelki hielt trotz Kritik an an Christen fest

Der bisherige Leiter des Seminars, Pater Romano Christen, hatte mit Aussagen über Homosexualität für Empörung gesorgt. Anfang 2019 hatte er in einem Vortrag vor Studenten seines Hauses unter anderem gesagt, Homosexualität sei „Folge einer psychologischen (Fehl-)Entwicklung“. Dagegen gebe es „von der Schwulen-Lobby“ dämonisierte Therapien, die Männer erfolgreich bestanden hätten. Bei homosexueller Liebe gehe es um eine narzisstische Suche nach Männlichkeit und „weniger um die reale Begegnung mit einem Du“. Männer mit tief sitzender homosexueller Tendenz könnten nicht geweiht werden.

Kardinal Woelki hatte einige Äußerungen Christens kritisiert, hielt an dem Pater als Priesterausbilder aber fest. „Wir alle machen Fehler, ich auch, und es ist wichtig, dass ein einzelner Fehler nicht alles andere überschattet“, erklärte der Kardinal nach einem Gespräch mit dem Theologen, der 1960 in der Schweiz geboren wurde. Christen selbst bezeichnete seinen Vortrag im Nachhinein als unzulänglich. Er habe homosexuelle Menschen nicht verletzen wollen und bitte um Entschuldigung.

Ankündigung löst laut Medienbericht Unmut aus

Im Erzbistum löste der Bericht des „Kölner Stadt-Anzeiger“ über Woelkis Entscheidung, die Leitung des Priesterseminars auszutauschen, unmittelbar erheblichen Unmut aus: Thillainathan war bislang zurzeit als Seelsorger in der Berufungspastoral und Mentor für Theologiestudierende im Bereich des „Forum internum“ tätig. Er kennt damit viele Seminaristen, denen er künftig im „Forum externum“ als Vorgesetzter gegenübertreten soll. Ein Regens spricht ein gewichtiges Wort bei der Zulassung der Seminaristen zur Weihe mit. In den kirchlichen Bestimmungen sei deshalb eine strikte Trennung beider Bereiche vorgesehen, ein direkter Wechsel vom „Forum internum“ ins „Forum externum“ ausgeschlossen, hieß es.

Schon in der jüngeren Vergangenheit habe Woelkis Agieren im Seminar dem Vernehmen zu erheblichem Rumoren geführt. So habe ein turnusmäßiger Bischofsbesuch im Dezember in einem Eklat geendet. Demnach brach Woelki ein Sechs-Augen-Gespräch mit den beiden „Senioren“, den gewählten Vertretern der Seminaristen, brüsk ab, als diese ihm Fragen der Kommunität zu den Konflikten im Bistum vorlegten und vom Erzbischof wissen wollten, worauf sie sich als angehende Priester da eigentlich einließen.

Will Woelki die Priesterausbildung genauer unter die Lupe nehmen?

„Alles sieht danach aus, dass Woelki die Priesterausbildung in Zukunft möglichst eng an sich binden und genauestens unter die Lupe nehmen will“, sagte ein leitender Bistumsvertreter dem Kölner Stadtanzeiger. Dazu scheint auch die Berufung der Theologin Carmen Breuckmann-Giertz zur Studienleiterin für die Priester- und Diakonenausbildung zu passen. Auch diese wird offenbar nicht unkritische gesehen: Denn ihr Ehemann ist in der Personalabteilung des Generalvikariats unter anderem für den Ersteinsatz der Neupriester zuständig.

Momentan bereiten sich 23 Männer im Bonner Collegium Albertinum auf die Priesterweihe vor. Derzeit leben alle Priesteranwärter des Erzbistums Köln dort, weil das Priesterseminar in Köln, wohin sie normalerweise nach dem Studium wechseln, saniert wird. Seit 2001 unterhält das Erzbistum zudem in Bonn ein weiteres Priesterseminar. In dieser Einrichtung „Redemptoris Mater Köln“ wohnen Männer, die der geistlichen Gemeinschaft „Neokatechumenaler Weg“ angehören und teils aus Mittel- und Südamerika stammen.

rwm/kna

Hinweis: Dieser Bericht wurde am 31.5.2021 um 10.15 Uhr aktualisiert.