Wechsel an der Spitze der in Würzburg erscheinenden katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“: Chefredakteur Oliver Maksan verlässt das Blatt auf eigenen Wunsch zum 30. Juni
Würzburg – Wechsel an der Spitze der in Würzburg erscheinenden katholischen Wochenzeitung Die Tagespost: Chefredakteur Oliver Maksan verlässt das Blatt auf eigenen Wunsch zum 30. Juni, wie Die Tagespost am Montag mitteilte. Bis zur Bestellung eines Nachfolgers werde sein Stellvertreter Guido Horst die Vertretung übernehmen. Wie die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) am selben Tag mitteilte, tritt Maksan per Juli in deren Berliner Redaktionsteam ein. Die einst liberale NZZ findet in Deutschland vor allem unter AfD-Anhängern Zuspruch und versucht sich Branchenbeobachter zufolge als konservative Alternative zur Frankfurter Allgemeine Zeitung zu positionieren.
NZZ verstärkt Berliner Redaktionsteam
Mit der neuerlichen Verstärkung des Berliner Redaktionsteams soll die positive Entwicklung der NZZ in Deutschland gezielt der vorangetrieben werden. „Seit Januar haben wir unser Korrespondenten-Büro in Berlin zu einem kleinen, schlagkräftigen Tochterunternehmen für den deutschen Markt ausgebaut und unser Team um 10 auf 20 Leute aufgestockt, auch mit Kollegen in den Bereichen Produkte und Marketing“, sagt Jan-Eric Peters, Geschäftsführer der NZZ Deutschland. „Damit sind wir gut gerüstet, um unseren Wachstumskurs im Jahr der Bundestagswahl fortsetzen zu können.“ Derzeit verfügt die NZZ nach eigenen Angaben über mehr als 30.000 voll zahlende Abonnentinnen und Abonnenten in Deutschland. Anfang Mai hatte die auf Tech-Themen spezialisierte NZZ-Redaktorin Jenni Thier von Zürich nach Berlin gewechselt, wo sie neu als Digital-Managerin arbeitet. Ebenfalls seit Mai an Bord sind der Social Media-Redaktor Ferdinand Knapp sowie die Datenanalystin Caroline Stein.
Maksans Interimsnachfolger bei der Tagespost, Guido Horst, war bereits von 1998 bis 2006 Chefredakteur des dezidiert erzkonservativen Blattes, in dem vielfach Kritiker von Reformprozessen in der Kirche eine breite Plattform finden. So war Die Tagespost war zeitweise das einzige Medium, dem der frühere Chrurer Bischof Vitus Huonder Interviews gab. Man bedauere außerordentlich, dass Maksan seine Aufgaben als Chefredakteur und Geschäftsführer des Verlages nach fünf erfolgreichen Jahren aufgebe, erklärte Norbert Neuhaus. Weiter fügte der Gesellschaftervertreter des Johann-Wilhelm-Naumann-Verlages, in dem die Zeitung erscheint, hinzu: „Aber natürlich respektieren wir seine Entscheidung, sich beruflich neu zu orientieren, und wünschen ihm dafür alles Gute und weiterhin viel Erfolg.“ Herausgeber und Mitarbeiter seien Maksan zu großem Dank verpflichtet, sagte Neuhaus. Unter seiner Führung sei das Produkt „Die Tagespost“ komplett neu aufgestellt worden. Die Einrichtung einer redaktionell betreuten Internetseite und die Umstellung auf eine inhaltlich verdichtete Wochenzeitung hätten sich als wegweisend erwiesen: „Steigende Reichweiten Online und fast 20 Prozent Auflagenzuwachs Print zeigen das.“
Tagespost sorgt für Schlagzeilen
Der scheidende Chefredakteur dankte Neuhaus und den Mitherausgebern für das ihm entgegengebrachte Vertrauen. „Ich bin dankbar und stolz auf das, was wir in den letzten Jahren gemeinsam erreichen konnten.“ Der 1979 geborene Maksanabsolvierte ab 2007 ein Volontariat bei der „Tagespost“. Danach trat er als Redakteur für Innenpolitik in die Redaktion ein. Zwischen 2012 und 2016 berichtete er als Korrespondent aus Israel und der arabischen Welt mit Sitz in Jerusalem. Am 1. Juli 2016 übernahm er als Chefredakteur und Geschäftsführer die Verantwortung für Zeitung und Verlag.
Ende 2020 hatte die Tagespost mit der vom emeritierten Papst Benedikt XVI. 2019 ins Leben gerufene Medien-Stiftung im Raum der katholischen Kirche in Deutschland für Schlagzeilen und Kritik gesorgt. So zeigte sich die Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands (GKP) darüber verwundert, dass der mit der kirchlichen Medienlandschaft in Deutschland bestens vertraute Benedikt XVI. es offenbar für richtig erachte, eine bei einem einzelnen Medium angesiedelte private Stiftung zu gründen. Die Tagespost zitierte den emeritierten Papst zu seiner am 19. Dezember bekannt gewordenen Initiative mit dem Worten „Ich wünsche mir, dass die katholische Stimme gehört wird.“
Ifp übergangen
„Die Tagespost Stiftung für katholische Publizistik“ solle kirchliche Medienarbeit durch strategische Investitionen und kurzfristige Projektfinanzierungen fördern, teilte Oliver Maksan, Chefredakteur der in Würzburg erscheinenden katholischen Wochenzeitung seinerzeit mit. Benedikt XVI. hatte in der Vergangenheit wiederholt seine Unterstützung für die im konservativen Spektrum verortete Zeitung erkennen lassen. In diesem Jahr nun wollen die Verantwortlichen der Stiftung rund 450.000 Euro für Medien- und Bildungsprojekte einsammeln. Damit sollen Volontäre ausgebildet, Digitalprojekte realisiert sowie Hintergrundberichte zu Lebensschutz und Bioethik ermöglicht werden.
Nicht zuletzt als früherer Erzbischof von München und Freising (1977-1982) sei Benedikt XVI. das von der Deutschen Bischofskonferenz 1968 gegründete und getragene Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp) in München „selbstverständlich ein Begriff“, erklärte die GKP. Das ifp verfolge im Auftrag der Bischöfe seit Jahrzehnten erfolgreich genau jene Ziele, die der frühere Papst für förderungswürdig halte. Die GKP verwies in ihrer Reaktion auf die Äußerungen Maksans auch auf eine Rede von Papst Franziskus zum 50-jährigen Bestehen des ifp. Der Bergoglio-Papst hatte 2018 in einer Audienz für mehr als 300 Absolventen der Ausbildungsstätte betont: „Deutschland kann sich glücklich schätzen, unter den vielen Journalisten zahlreiche Absolventen des ifp zu wissen, und zwar in den säkularen wie in den kirchlichen Medien.“
GKP übt Kritik
Für „umso merkwürdiger“ hält es die GKP, dass Benedikt XVI. jetzt als Stiftungsgründer „erhebliche finanzielle Mittel am ifp – und damit an der Deutschen Bischofskonferenz – vorbei einem einzelnen Medium anzuvertrauen gedenkt“. Die Gesellschaft hofft, „dass es der neuen Stiftung tatsächlich darum geht, katholischen Journalismus zu fördern und nicht die Eigen-PR einer Publikation und ein von ihr vertretenes Verständnis katholischer Öffentlichkeitsarbeit“.
Helmut Rakowski OFM.Cap, Geistlicher Leiter des ifp, sagte dem Kölner domradio, ihm falle auf, dass bei der neuen Stiftung „von Unabhängigkeit“ gesprochen werde. Der Kapuziner vermutet dahinter das Streben nach einer „Unabhängigkeit von der verfassten Kirche in Deutschland, also von den Bischöfen“, während das ifp eine Einrichtung der katholischen Kirche, der Bischöfe und Bistümer sei. Wenn es tatsächlich um eine Ausbildung zum Journalismus gehe, so Rakowski, „freuen wir uns. Wenn es aber darum geht, die Öffentlichkeitsarbeit der Kirche zu unterstützen, dann gehen wir auf zwei verschiedenen Schienen“. Journalismus habe, „auch wenn wir uns als katholische Journalisten verstehen“, eine andere Aufgabe. „Es ist eben auch der Auftrag, kritisch zu sein, zu hinterfragen und der Wahrheit verpflichtet zu sein“.