Bischof Meier: Rede von Schisma übertrieben

Der Augsburger Bischof Bertram Meier sieht nach eigenen Worten keine Gefahr einer Kirchenspaltung.

Bischof Bertram Meier (Foto: pba)

Der Augsburger Bischof Bertram Meier sieht nach eigenen Worten keine Gefahr einer Kirchenspaltung. „Die Rede von einem drohenden Schisma halte ich für übertrieben“, sagte Meier in einem am Freitag verbreiteten Interview des Portals katholisch.de in Bonn. „Wir sollten den Teufel nicht an die Wand malen, aber wir nehmen auch wahr, dass das Eis, die gemeinsame Basis, auf der wir uns gerade auch beim Synodalen Weg bewegen, dünn ist.“ Es sollte alles vermieden werden, „um einzubrechen und im Strudel von Spannung und Streit zu ertrinken“.

Meier: Einander zuhören

Eine Kirche, die sich als Synode verstehe, müsse „gut hinhören, einander zuhören und divergierende Meinungen dem Herrn hinhalten. Sein Heiliger Geist tut dann das Seine. Da bin ich mir sicher. Wir brauchen Hilfe ‚von oben'“, sagte Meier, dessen Bischofsweihe sich an diesem Sonntag zum ersten Mal jährt.

Mit Blick auf den Reformprozess Synodaler Weg in der katholischen Kirche in Deutschland und Debatten über „Reformer“ und „Bewahrer“ sagte Meier: „Es wäre schade, wenn wir uns auseinanderdividieren ließen. Wir müssen raus aus unserer eigenen ‚Blase‘ und rein in eine Haltung, die für offene Türen und ehrliches Gespräch steht. Uns alle drängt doch die Frage, wie wir die Kirche – auch angesichts des Missbrauchsskandals, der viele belastet – so erneuern können, dass wir wieder mehr Luft und Raum finden, das Evangelium den Menschen anzubieten.“

Beim Synodalen Weg sich selbst den Spiegel vorhalten

Sein erstes Jahr als Bischof habe ihm gezeigt, dass es schwierig sei, neben vielen anderen Herausforderungen die „eigentliche Mission“ zu erfüllen: „die Frohe Botschaft zu verkünden und Sakramente zu spenden – und das alles mitten im Leben, nah bei den Menschen, unter Corona-Einschränkungen“. Meier forderte: „Wenn die Erneuerung der Kirche mehr sein soll als die Reform von Strukturen, dann müssen wir uns beim Projekt des Synodalen Weges selbst den Spiegel hinhalten und fragen: Bist du tatsächlich geistlich unterwegs? Willst du helfen, dass durch dich der Heilige Geist durchkommt? Oder stellst du vieles dazwischen – auch dich selber?“

Nach den Worten Meiers braucht es Geduld und Ausdauer, „bis der Moment für eine wechselseitige eucharistische Gastfreundschaft gekommen ist“. Die Wortmeldung der römischen Glaubenskongregation zu dem Thema decke sich mit der Position des Päpstlichen Einheitsrats und sei kein Rückschritt, sondern eine Feststellung des aktuellen Sachstands. Die Glaubenskongregation hatte betont, dass die Unterschiede im Eucharistie- und Amtsverständnis von Katholiken und Protestanten „noch so gewichtig“ seien, dass sie eine Teilnahme katholischer und evangelischer Christen an der Feier der jeweils anderen Konfession derzeit ausschlössen.

Keine Ausladung vom Tisch des Herrn

Meier sagte: „Es gilt die Faustregel, dass ich dort zur Kommunion beziehungsweise zum Abendmahl gehe, wo ich kirchlich dazu gehöre.“ Zugleich könne es Einzelfälle geben, in denen Ausnahmen gestattet seien. Darauf habe 2003 schon Papst Johannes Paul II. in seiner Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ hingewiesen. „Genauso wenig wie also eine offene wechselseitige Einladung zur Eucharistie beziehungsweise zum Abendmahl angezeigt ist, genauso wenig werden wir diejenigen ausladen, die zum Tisch des Herrn herantreten.“

Dieses Prinzip habe er in seiner Diözese in einem Brief an die Pfarrer und die Pfarrgemeinderäte entfaltet, „als Grundlage für die Gestaltung von ‚ökumenisch sensibel‘ gestalteten Gottesdienste beim vorwiegend digitalen Ökumenischen Kirchentag“, betonte Meier. Insgesamt schätze er das ökumenische Miteinander in Deutschland als „sehr positiv“ ein. „Sowohl im spirituellen Bereich als auch mit unserem gemeinsamen Sprechen in die Gesellschaft hinein sind wir schon weit“, erklärte der Bischof. Andere Länder bewunderten und beneideten Deutschland, weil hier der „Schulterschluss unter den christlichen Kirchen“ gelinge.

Meier: „Debatte um den Schein“ hatten Konfliktpotenzial

Etwas skeptisch schaue er allerdings in die Zukunft, sagte Meier. „Denn im Hinblick auf ein Thema wie den ‚assistierten Suizid‘ nehme ich wahr, dass das gemeinsame Zeugnis bröckelt. Ich halte es für ein ‚Selbstmissverständnis‘, wenn die Kirchen meinen, am Ende des Lebens diesbezügliche Dienstleistungen anbieten zu sollen.“ Schon bei der Schwangerenberatung, also am Anfang des menschlichen Lebens, habe die „Debatte um den Schein“ Konfliktpotenzial gehabt, innerkirchlich und ökumenisch. „Das sollten wir mehr als 20 Jahre danach möglichst vermeiden. Denn wir Christen sind zwischenzeitlich zahlenmäßig weniger geworden und unsere Stimmen leiser.“

kna