Kirchenrechtler Schüller: Marx‘ Rücktritt auch Angriff auf Woelki

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht in dem Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx einen Angriff auf den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.
Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht in dem Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx einen Angriff auf den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki.

Thomas Schüller (Foto: WWU/Benedikt Weischer)

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht in dem Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx auch einen Angriff auf den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. In einer Erklärung von Freitag rückt Schüller Woelki in die Nähe von denjenigen, „die sich hinter juristischen Gutachten verstecken und nicht bereit sind, die systemischen Ursachen der sexualisierten Gewalt in der Kirche mit mutigen Reformen anzugehen“. Marx hingegen trage nun „persönlich Verantwortung für seine Versäumnisse als Bischof von Trier und als Erzbischof von München-Freising, was die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch angeht.“

Marx hatte am Freitag erklärt: „Mit Sorge sehe ich, dass sich in den letzten Monaten eine Tendenz bemerkbar macht, die systemischen Ursachen und Gefährdungen, oder sagen wir ruhig die grundsätzlichen theologischen Fragen, auszuklammern und die Aufarbeitung auf eine Verbesserung der Verwaltung zu reduzieren.“ Marx‘ Botschaft gehe aber auch direkt an Papst Franziskus: „Wenn Du Franziskus Reformen willst, dann bleibt im Blick auf die sexualisierte Gewalt in der Kirche kein Stein auf dem anderen. Sei so mutig wie ich und stosse endlich Reformen an.“

Schüller: Bischöfe müssen sich nun an Marx messen lassen

Die katholische Kirche in Deutschland sei an einem toten Punkt angekommen, so Schüller. Mit ähnlichen Worten hatte sich Marx in seiner Erklärung zum Rücktrittsgesuch geäußert. Weiter betonte Schüller: „Alle deutsche Bischöfe werden sich nun an dieser souveränen und Größe zeigenden Bereitschaft zum Amtsverzicht und damit zur Übernahme von Verantwortung messen lassen müssen.“ Am Freitag hatte das Erzbistum München und Freising mitgeteilt, dass Kardinal Marx dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat. In seinem Brief an Franziskus schreibt Marx: „Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten.“ Auch Marx wird – ebenso wie Kardinal Woelki – Fehlverhalten im Umgang mit möglichen Missbrauchsfällen vorgeworfen.

Für den Sommer ist die Veröffentlichung eines Gutachtens über den Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum München und Freising angekündigt. Im Erzbistum Köln wurde Mitte März ein Aufarbeitungs-Bericht vorgelegt. Das sogenannte Gercke-Gutachten entlastet Woelki juristisch. Kritiker sehen jedoch moralische Fehler des Erzbischofs im früheren Umgang mit Missbrauchsfällen. Rücktrittsforderungen hat Woelki mehrfach zurückgewiesen. Wegen der bereits seit mehr als einem Jahr dauernden Debatte hat Papst Franziskus zwei Kontrolleure für das Erzbistum Köln bestimmt, die unter anderem „die komplexe pastorale Situation“ vor Ort untersuchen sollen.

Woelki äußert Respekt

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki betonte unterdessen: „Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung von Kardinal Marx, die er in diesen für die katholische Kirche schweren Zeiten als seine persönliche Konsequenz gezogen hat.“ Er selbst habe bereits vergangenen Dezember den Papst gebeten, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln sowie seine persönliche Verantwortung zu bewerten. „Damit habe ich mein Schicksal damals vertrauensvoll in die Hände des Papstes gegeben.“

kna

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