Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zollt dem Münchner Kardinal Reinhard Marx Respekt für sein Rücktrittsangebot. Mit Schönheitsreparaturen sei es nicht getan.
Mainz – Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zollt dem Münchner Kardinal Reinhard Marx Respekt für sein Rücktrittsangebot. Er sei sich mit seinem Amtsvorgänger einig, dass die derzeitige Lage auf „eine massive Krise in der Kirche“ hindeute, sagte der Bischof am Freitagabend im ZDF-Spezial. Es liege „vieles im Argen“.
Bätzing über Marx: „Wir brauchen ihn“
Bätzing sagte weiter, es gebe massive Kritik am Synodalen Weg der Kirche in Deutschland. Manche hätten wohl den Eindruck, dass es mit „mit einigen Schönheitsreparaturen getan“ sein könnte. Dem widerspreche Kardinal Marx, „und dem widerspreche ich auch“, so der Bischofskonferenzvorsitzende und Bischof von Limburg. Es brauche grundsätzliche Reformen, etwa bei den Themen Klerikalismus oder der Rolle von Frauen in der Kirche.
Der Präsident des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, hatte in ersten Reaktion erklärt, da gehe „der Falsche“. Bätzing sagte im ZDF: „Ähnliches habe ich Kardinal Marx auch gesagt.“ Er habe Respekt für die Entscheidung, aber er sei auch enttäuscht, denn „wir brauchen ihn“ in der deutschen Kirche; er stehe für eine grundsätzliche Haltung.
Welche Auswirkungen hat der Amtsverzicht für Woelki?
Auf die Frage, ob der angebotene Amtsverzicht von Marx den Druck auf andere Bischöfe erhöhe, etwa den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, sagte Bätzing, es handele sich um eine „höchstpersönliche“ und „souveräne Entscheidung“, die nicht zu übertragen sei. Marx habe in einer souveränen Situation entschieden. In Köln seien dagegen nun Visitatoren (Prüfer) im Auftrag des Papstes aktiv; dort griffen schon andere Mechanismen, so Bätzing.
Im Interview der ARD-tagesthemen am Freitagabend sagte Bätzing unterdessen auf die Frage, ob der in der Kritik Woelki in einer Kirche, die sich erneuern müsse, noch eine führende Rolle einnehmen könne, sagte Bätzing: „Das muss der Kardinal Woelki für sich entscheiden“. Es spielten inzwischen andere mit; „die Visitatoren und Papst Franziskus spielen mit“. Während Marx heute eine souveräne Entscheidung getroffen habe, sei der Zeitpunkt hierfür „natürlich im Erzbistum Köln überschritten“.
Bätzing fordert ein neue Verhältnis zu Macht und Gewaltenteilung
„Alle, die denken, dass die Kirche aus dieser massiven Krise herauskommen könnte durch ein paar Schönheitsreparaturen äußerlicher Art, juridischer Art, verwaltungsmäßig, die täuschen sich.“ Man habe in der Kirche ein „solches Systemversagen“ wahrgenommen, dass es darauf nur fundamentale „systemische Antworten“ geben könne.
Bätzing forderte ein neues Verhältnis der Kirche zu Macht und Gewaltenteilung. Da sei „ganz viel möglich“. Die bischöfliche Macht etwa habe etwas „von Monarchischem, etwas von vergangenen Zeiten“, so der Bischofskonferenzvorsitzende. Es brauche nun „Kontrolle auf jeder Ebene von Machtausübung in der katholischen Kirche“. Zwar müsse es Macht geben; sonst habe man keine Gestaltungsmöglichkeiten. Doch: „Diese Macht muss kontrolliert werden“. Auch die priesterliche Macht gelte es „einzuhegen und zu kontrollieren“.
Marx angemerkt, „dass ihn ihm gärt“
Das Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx sei für ihn eine „große Überraschung“ und „auch ein Schock“ gewesen, betonte Bätzing. Man habe aber dem Kardinal seit „etlicher Zeit“ angemerkt, „dass es in ihm gärt und arbeitet“. Die katholische Kirche könne auf ihn, „seine Stimme und seine Kraft, auch seine denkerische Kraft“, nicht verzichten. „Und ich hoffe, dass wir das auch nicht müssen, selbst wenn er nicht mehr Bischof von München/Freising ist.“
Die Kirche in der Frage der Gleichberechtigung von Frauen auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens weiterkommen, betonte Bätzing. Das werde „nicht enden an der Grenze des sakramentalen Amtes“. Zur verpflichtenden Ehelosigkeit von Geistlichen sagte er, er selbst sei ein Verfechter „des Zölibats als der Lebensweise Jesu“. Nicht alle aber könnten das, und so müsse man sich die Frage stellen: „Muss unbedingt der Zölibat mit der Priesterweihe verbunden sein? Er muss es nicht. Das weiß die Kirche auch. Aber es braucht da Entscheidungen.“