Caritas und Diakonie fordern Abkehr von Hartz IV

Die beiden großen kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie fordern eine Abkehr von der bisherigen Praxis der Hartz-IV-Leistungen.
Die beiden großen kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie fordern eine Abkehr von der bisherigen Praxis der Hartz-IV-Leistungen.

Caritas-Präsident Dr. Peter Neher. (Foto: obs/Deutscher Caritasverband e.V.)

Die beiden großen kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie fordern eine Abkehr von der bisherigen Praxis der Hartz-IV-Leistungen. „Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Grundsicherung“, sagte Caritas-Präsident Peter Neher am Montag aus Anlass einer Anhörung zum Thema im Sozialausschuss des Bundestags. „Das Fördern muss, gerade vor dem Hintergrund der Pandemie und ihrer Folgen, viel deutlicher ins Zentrum rücken“, verlangte der Chef des katholischen Wohlfahrtsverbands. Die ohnehin schwierige Lebenslage von Langzeitarbeitslosen und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten sich durch die Corona-Krise verschärft.

Zur Förderung von Langzeitarbeitslosen müsse deutlich mehr in Umschulungen und Qualifizierung investiert werden, forderte Neher weiter. Anstelle einer möglichst schnellen Vermittlung in teilweise instabile Arbeitsverhältnisse müsse berufliche Qualifizierung Vorrang erhalten. Die sogenannten Eingliederungsvereinbarungen, die eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt förderten, sollten im Gespräch mit den Betroffenen und mit ausreichend Zeit erarbeitet werden.

Zudem wandte sich der Caritas-Chef gegen ein aus seiner Sicht zu starres Sanktionsregime, das Integrationserfolge behindere. Dies gelte nicht zuletzt auch für Jugendliche. „Die verschärften Sanktionen für Jugendliche haben sich in der Praxis der Integrationsmaßnahmen der Caritas immer wieder als Hemmnis erwiesen und gehören abgeschafft – auch in Bezug auf die Kosten der Unterkunft“, meinte Neher.

Diakonie-Vorständin Maria Loheide sagte: „Hartz IV hat keine Zukunft.“ Aus dem Grundprinzip des „Fördern und Fordern“ habe sich zunehmend „ein System entwickelt, dass die Menschen einschüchtert, kontrolliert und sanktioniert“. Jobcenter wie Hilfesuchende fühlten sich gleichermaßen belastet. Auch Loheide forderte, dass die Sanktionen neu geregelt werden müssten. Das Grundgesetz schütze das Existenzminimum, denn dabei gehe es um die Menschenwürde.

„Wir erwarten von der Politik, dass Respekt und Ermutigung in der Existenzsicherung die Hauptrolle spielen und die Förderung im Vordergrund steht“, erklärte die Vorständin des evangelischen Wohlfahrtsverbands. Kontrolle und Sanktionen müssten überwunden werden. Unter anderem seien bessere und unkomplizierte Möglichkeiten des Zuverdienstes nötig.

kna