Konservative US-Bischöfe wollen den erst zweiten Katholiken im Weißen Haus wegen seiner Haltung zu Abtreibung von der Eucharistie ausschließen. Dabei geht es neben Joe Biden auch um ein Kräftemessen mit Papst Franziskus.
Washington – Konservative US-Bischöfe wollen den erst zweiten Katholiken im Weißen Haus wegen seiner Haltung zu Abtreibung von der Eucharistie ausschließen. Dabei geht es neben Joe Biden auch um ein Kräftemessen mit Papst Franziskus. Denn der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz beweist im Vorfeld des virtuellen Frühjahrstreffens (16. bis 18. Juni) ein dickes Fell. Trotz der eindringlichen Mahnung des Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, nichts zu überstürzen und die Einheit der Kirche zu wahren, stellt Erzbischof Jose Horacio Gomez ein Dokument über die Eucharistie-Würdigkeit katholischer Politiker zur Abstimmung.
„Es geht dabei mehr um Franziskus als um Joe Biden“
Es zielt darauf ab, Präsident Joe Biden und Speakerin Nancy Pelosi – beide praktizierende Katholiken – wegen ihrer liberalen Haltung zu Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen von der Kommunion auszuschließen. Nach Ansicht von Analysten lässt sich Gomez damit vor den Karren derer in der Bischofskonferenz spannen, die gezielt eine Konfrontation mit Rom suchten. „Es geht dabei mehr um Franziskus als um Joe Biden“, sagt David Gibson, Direktor des „Center on Religion and Culture“ an der Jesuiten-Universität Fordham, im Gespräch mit dem Religion News Service. Den Initiatoren des Dokuments sei „die Reinheit der Lehre“ wichtiger „als die Einheit der Kirche“.
Hinter dem Vorstoß stehen dieselben Bischöfe, die sich mit dem früheren Nuntius Erzbischof Carlo Maria Vigano solidarisierten, der sich mit Vorwürfen gegen Papst Franziskus beim Umgang mit der Missbrauchsaffäre um Ex-Kardinal Theodore McCarric profiliert hatte, später dessen Rücktritt forderte und Nähe zu Verschwörungsmythen zu erkennen gab. Dazu zählen San Franciscos Erzbischof Salvatore Cordileone, Erzbischof Samuel Aquila von Denver, Erzbischof Joseph Naumann von Kansas City sowie die Bischöfe Thomas Olmsted von Phoenix, Thomas Paprocki von Springfield und Joseph Strickland von Tyler; nicht zu vergessen die Kardinäle Charles Chaput und Raymond Burke.
Konservatives Netzwerk
„Wenn es ein Land gibt, in dem die Bischöfe Papst Franziskus direkt und offen Probleme gemacht haben, dann sind es die USA“, sagt der Theologe Massimo Faggioli von der katholischen Villanova University, der ein viel beachtetes Buch über Biden und den US-Katholizismus geschrieben hat. Zur Politisierung in der Bischofskonferenz hat auch das Napa Institute beigetragen, das ein konservatives Netzwerk geschaffen hat, in dem Republikaner und Rechtskatholiken den Verlust traditioneller Werte beklagen. Eine Medienplattform für Reformkritiker bietet das Eternal World Television Network (EWTN). Und politisch wirkt etwa das National Catholic Prayer Breakfast, das 2020 Donald Trumps Justizminister William Barr auszeichnete, obwohl dieser die Vollstreckung der Todesstrafe auf Bundesebene wieder einführte.
John Carr, der ein Vierteljahrhundert als politischer Berater der US-Bischofskonferenz tätig war, betont, der Umgang mit dem Schreiben des Glaubenspräfekten Ladaria an die Bischöfe sei „beispiellos“. Er könne sich nicht daran erinnern, „dass sehr direkte Warnungen und Vorgaben aus dem Vatikan in der Vergangenheit bloß als Ratschlag behandelt wurden“. Bereits vor dem Frühjahrstreffen zeichnet sich ab, dass das Dokument zur Eucharistie-Würdigkeit die Kirche in den USA spaltet. In einem Brief vom 13. Mai forderten 67 Bischöfe, darunter die Kardinäle Sean O’Malley (Boston) und Blase Cupich (Chicago), den Bischofskonferenzvorsitzenden auf, das Thema zu vertagen, bis die Bischöfe wieder persönlich zusammentreffen könnten. Washingtons Kardinal Wilton Gregory erklärte bereits, dass er kein Problem darin sehe, Biden die Kommunion zu spenden.
Katholizismus in den USA als Kulturkriegs-Projekt
Der „National Catholic Reporter“ rät der Bischofskonferenz in einem ironischen Leitartikel, das Dokument zu beschließen. Die Bischofskonferenz könnte damit den Nachweis führen, „dass sie irrelevant und ineffektiv geworden ist“. Das einflussreiche katholische Medium sieht den tragischsten Aspekt dieses Vorstoßes darin, „dass er das Image des Katholizismus in den USA als Kulturkriegs-Projekt besiegelt“. Die Bischöfe bräuchten eine Zweidrittel-Mehrheit, um das Dokument anzunehmen, sowie eine Genehmigung aus Rom; die ist derzeit unwahrscheinlich. Fordham-Direktor Gibson sagt, Biden werde unabhängig von der Entscheidung der Bischöfe eine enge Beziehung zum Vatikan haben – „ob sie durch die Büros der Bischofskonferenz läuft oder nicht“.
Nicht auszuschließen ist, dass Papst Franziskus im Kräftemessen mit den US-Bischöfen selbst ein Signal setzen könnte. Hartnäckig halten sich Spekulationen über eine Audienz Bidens im Vatikan unmittelbar vor oder parallel zum Beginn der Frühjahrstagung. Aus der Entourage der ersten Auslandsreise des US-Präsidenten drang durch, dass der Reiseplan Zeit lasse für ein „geheimnisvolles Zweiertreffen“.