Wegen der gegenwärtigen Krise um die Missbrauchsaufarbeitung will ein Teil der Religionslehrer im Erzbistum Köln nicht mehr im Auftrag der Kirche vor die Schüler treten.
Köln – Wegen der gegenwärtigen Krise um die Missbrauchsaufarbeitung will ein Teil der Religionslehrer im Erzbistum Köln nicht mehr im Auftrag der Kirche vor die Schüler treten. Pädagogen ließen ihre Lehrerlaubnis ruhen oder wollten sie zurückgeben, weil sie sich vor ihrem Gewissen nicht mehr in der Verantwortung sähen, sagte die Vorsitzende der Vereinigung katholischer Religionslehrerinnen und -lehrer in der Erzdiözese, Agnes Steinmetz, am Mittwoch dem Kölner Internetportal domradio.de.
Religionslehrer sehen sich nicht in der Lage, die Kirche zu verteidigen
„Wir haben den Auftrag, in der Schule die Lehre der Kirche vorzustellen“, so Steinmetz. „Das bedeutet nicht, dass wir sie verteidigen müssen. Wir werden aber gefragt, was wir denn davon halten.“ Offensichtlich seien Kolleginnen und Kollegen nicht mehr in der Lage, dies positiv zu tun. Steinmetz bekundete die Sorge, dass nach dem Austritt junger Erwachsener aus der Kirche diese auch nicht mehr für die Teilnahme der Schüler am Religionsunterricht sorgen. „Wir befürchten, dass es da quasi einen Austritt aus dem Religionsunterricht mit Füßen gibt.“ Dann werde im Fach praktische Philosophie über die Themen Glaube und Zweifel geredet.
„Wir stehen einfach dafür ein, dass der Religionsunterricht unglaublich wichtig ist – auch der konfessionelle Religionsunterricht, der katholische Religionsunterricht in ökumenischer Absicht“, betonte Steinmetz. Ihr Verband werde einen Dialog mit der Bistumsleitung erbitten. Mit dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sei schon diverse Male gesprochen worden, aber der Dialog sei in der gegenwärtigen Situation „dringender denn je“.
Erzbistum spricht von vereinzelten Fällen
Laut Erzbistum Köln hat es seit dem Sommer 2020 vereinzelt Religionslehrende gegeben, die ihre kirchliche Bevollmächtigung zur Erteilung des Faches Katholische Religionslehre (missio canonica) zurückgegeben haben, sieben davon mit Verweis auf die Missbrauchsthematik. Einige von ihnen befänden sich bereits im Ruhestand. Es handele sich aber um „Ausnahmefälle“. Derzeit verzeichne die amtliche Statistik für das Erzbistum Köln mehr als 4.900 Religionslehrende. Kardinal Rainer Maria Woelki habe am Mittwoch 94 Pädagogen in einem Gottesdienst im Kölner Dom ihre missio canonica überreicht.