Konflikt mit Kardinal Woelki verschärft sich

Wieder kritisieren katholische Laienvertreter den Kölner Kardinal. Woelki widerspricht ihnen. Im Erzbistum Köln verschärft sich der Konflikt zwischen der katholischen Laienvertretung und Erzbischof Rainer Maria Woelki.
Wieder kritisieren katholische Laienvertreter den Kölner Kardinal. Woelki widerspricht ihnen. Im Erzbistum Köln verschärft sich der Konflikt zwischen der katholischen Laienvertretung und Erzbischof Rainer Maria Woelki. 

Kardinal Rainer Maria Woelki –Foto: rwm

Wieder kritisieren katholische Laienvertreter den Kölner Kardinal. Woelki widerspricht ihnen. Im Erzbistum Köln verschärft sich der Konflikt zwischen der katholischen Laienvertretung und Erzbischof Rainer Maria Woelki. „Mit Kardinal Woelki haben wir jetzt einen toten Punkt erreicht“, erklärte der Diözesanrat am Donnerstag nach einer außerordentlichen Vollversammlung: „Wir nehmen mit Bitterkeit wahr, dass wir nicht mehr weiterkommen.“

Woelki kritisiert Diözesanrat in Brief

Kritik übt das Gremium daran, dass Woelki seiner Einladung zur Vollversammlung am Mittwoch nicht gefolgt ist. Er habe „seit mehreren Jahren“ nicht an den Sitzungen teilgenommen. „In dieser Situation, in der wir gerade sind, muss man als Bistumsleitung doch alles dafür tun, hier in der Vollversammlung präsent zu sein und miteinander zu sprechen“, erklärte der Diözesanratsvorsitzende Tim Kurzbach.

Zudem bemängelt die Laienvertretung den Inhalt eines Briefes von Woelki, der das Gremium kurz vor Beginn seiner Vollversammlung erreichte. Laut Diözesanrat wirft der Kardinal darin dem Gremium vor, öffentliche Stellungnahme an Stellungnahme zu reihen, den Dialog mit ihm aber nicht fruchtbar zu führen. Die Vollversammlung nehme den Briefinhalt als „verschobene Wahrheit“ wahr.

Kritik an unzureichender Information

Der Diözesanrat hatte in den vergangenen Monaten massive Kritik an der Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln geübt. Im Januar hatte das Gremium aus Protest seine Zusammenarbeit mit der Bistumsleitung an der Strukturreform in der Erzdiözese ausgesetzt.

Auch die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände im Erzbistum Köln (AGKV) kritisierte in einer Stellungnahme, „dass ihre Stimmen und Voten nicht in Entscheidungen einfließen und sie oft viel zu kurzfristig oder unzureichend informiert werden“. Die bisherige Missbrauchsaufarbeitung durch die Bistumsleitung weise viele Defizite auf und könne nur der Anfang eines sorgfältigen Prozesses sein.

Woelki: Stellungnahmen hätten Einfluss auf sein Handeln

In dem der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegenden Schreiben an den Diözesanrat betont Kardinal Woelki seinen Willen zu einem „echten und ehrlichen Dialog“ und verweist auf die Sitzung des sogenannten Diözesanpastoralrates am kommenden Freitag und Samstag. Diesem Beratungsgremium des Erzbischofs gehören auch zehn Vertreter des Diözesanrates an. In dem Brief geht der Kardinal auf die Unterlagen des Vorstands zur Vollversammlung ein. Bei der dort getroffenen Aussage, dass es auf fünf öffentliche Stellungnahmen des Diözesanrats von ihm keine Reaktion gegeben habe, „muss es sich doch um ein großes Missverständnis handeln“, so Woelki wörtlich.

Selbstverständlich nehme er die Stellungnahmen des Diözesanrates deutlich zur Kenntnis; sie hätten auch „auch Einfluss auf mein Handeln und Planen – auch wenn es im Sinne eines fruchtbringenden Dialogs nicht auf jede einzelne eine öffentliche (Gegen-)stellungnahme gab“. Der Erzbischof weiter: „Das kann es doch auch nicht sein: öffentliche Stellungnahmen an öffentliche Stellungnahmen zu reihen. Es ist doch auch umgekehrt nicht so, dass auf all meine Verlautbarungen und öffentlichen Botschaften eine direkt zuzuordnende Reaktion Ihrerseits erfolgt.“

Hat der Kardinal doch eine Bereitschaft für eine Diözesansynode?

In seinem Schreiben betont der Erzbischof, dass die Forderungen des Diözesanrats mit Blick auf die Missbrauchsaufarbeitung zum Teil bereits erfüllt seien – etwa die flächendeckende Präventionsarbeit und die Nennung der Namen von Verantwortlichen im Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt. Als „hartnäckiges Gerücht“ bezeichnete Woelki die Darstellung, er habe den Wunsch des Diözesanrats nach einer Diözesansynode rundheraus abgelehnt. Auch der von dem Gremium geforderte und bereits geplante Bußgottesdienst im Kölner Dom, in dem es um die Missbrauchstaten gehen soll, sei in Abstimmung mit dem Betroffenenbeirat und mit Hinblick auf die mediale Lage nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben worden.

Kurzbach bezeichnete die Kommunikation des Erzbistums in der Missbrauchsaufarbeitung als „katastrophal“. „Wenn uns die Bistumsleitung immer wieder versucht zu erklären, dass auch Vorgänge, die moralisch völlig inakzeptabel sind, in einer irgendwie verquasten kirchenrechtlichen Betrachtung dann doch nicht so schlimm sind, dann merken alle im Bistum, dass das mit unserer Wertehaltung in der Kirche gar nichts mehr zu tun hat“, sagte er in einem Interview des Portals katholisch.de (Freitag).

„Völlig inakzeptabel“

Damit bezog sich Kurzbach auf den Fall des Priesters D., der Kontakt mit einem 17-jährigen Prostituierten hatte und später von Woelki zum stellvertretenden Stadtdechanten von Düsseldorf befördert worden war. Das Erzbistum Köln hatte betont, dass es sich damals weder nach weltlichem noch kirchlichem Recht um eine Straftat gehandelt habe. Kurzbach erklärte: „Es wäre doch das natürlichste von der Welt, einfach zu sagen: Es ist völlig inakzeptabel, wenn ein Priester mit einem Minderjährigen so etwas tut, und wir bitten um Verzeihung für unsere Fehlentscheidung damals.“

Laut einem Bericht der Bild-Zeitung bezeichnete den Kölner Kardinal Rainer Woelki den sexuellen Kontakt eines Priesters mit einem obdachlosen 16-Jährigen bei einer Konferenz mit Pfarrern als „Dummheit“ und „Übersprungshandlung“. Ein Bistumssprecher bestätigte demnach  die Sicht des Erzbistums auf den polizeibekannten Vorgang vom 29. Juni 2001 als „einvernehmlichen sexuellen Kontakt“, der unentgeltlich erfolgt sei. Dabei hatte Papst Johannes Paul II. († 2005) am 30. April 2001 in einer kirchenrechtlichen Regelung die Altersgrenze zum Schutz vor Missbrauch von 16 auf 18 Jahre an. Das Missbrauchsgutachten des Erzbistums gehen hingegen davon aus, die Verschärfung sei erst im November 2001 rechtskräftig geworden.

Lob für die Offenheit des päpstlichen Visitation

Der Laienvertreter lobte die inzwischen beendete Prüfung des Erzbistums Köln im Auftrag des Papstes. Die zwei Bischöfe hatten auch den Diözesanrat angehört. „Ich habe wahrgenommen, dass die beiden Visitatoren und ihre Assistenten sehr akribisch sowie sehr interessiert am Detail und an umfassenden Informationen waren.“ Mit dem Bericht der beiden Prüfer habe der Papst „eine klare und gute Situationsanalyse über das Erzbistum Köln“ in der Hand. Er dränge darauf, dass nun eine schnelle Entscheidung zur Zukunft des Erzbistums getroffen werde, so Kurzbach.

Auch die Ex-Sprecher des Kölner Betroffenenbeirats, Patrick Bauer und Karl Haucke, hatten einhellig geschildert: großes Interesse, unvoreingenommenes Zuhören und „eine angenehme Atmosphäre im Gespräch mit den Visitatoren – im Unterschied zu anderen Bischöfen, denen das nicht immer so gelingt“. Auch der Wuppertaler Stadtdechant Bruno Kurth und seine Mitbrüder Norbert Hörter (Rheinisch-Bergischer Kreis) und Daniel Schilling (Kreis Mettmann) dürfen mit ihrer Sicht der Dinge gegenüber den Visitatoren nicht hinter dem Berg gehalten haben. Ebenso wenig wie die frühere Opferbeauftragte Christa Pesch oder der Diözesanratsvorsitzende Tim. Kurzbach übergab den beiden Bischöfen einen Aktenordner, gefüllt mit Protestschreiben aus Gemeinden und Verbänden, und drängte auf eine baldige Entscheidung aus Rom.

rwm/KNA