Vatikan und Berlin feiern 100 Jahre Diplomatische Beziehungen

Deutschland und der Heiligen Stuhl blicken auf 100 Jahre diplomatische Beziehungen zurück. Eine nicht immer einfache Geschichte, gerade angesichts der wechselvollen Geschichte Deutschlands.
Berlin – Deutschland und der Heiligen Stuhl blicken auf 100 Jahre diplomatische Beziehungen zurück. Eine nicht immer einfache Geschichte, gerade angesichts der wechselvollen Geschichte Deutschlands. Er war ein mit allen Wassern gewaschener Diplomat. Seit 1917 repräsentierte Eugenio Pacelli als Botschafter den Papst im Königreich Bayern. Vor 100 Jahren wurde der Römer auch erster Apostolischer Nuntius bei der Reichsregierung in Berlin. Am 30. Juni 1920 überreichte der spätere Papst Pius XII. Reichspräsident Friedrich Ebert sein Beglaubigungsschreiben.

Der Petersdom im Vatikan (Foto: Carlo Armanni/Pixabay)

Er war ein mit allen Wassern gewaschener Diplomat. Seit 1917 repräsentierte Eugenio Pacelli als Botschafter den Papst im Königreich Bayern. Vor 100 Jahren wurde der Römer auch erster Apostolischer Nuntius bei der Reichsregierung in Berlin. Am 30. Juni 1920 überreichte der spätere Papst Pius XII. Reichspräsident Friedrich Ebert sein Beglaubigungsschreiben.

Jetzt soll das Ereignis gebührend gefeiert werden: Aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums diplomatischer Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Deutschland wird der Staatssekretär von Papst Franziskus, Kardinal Pietro Parolin, kommende Woche Berlin besuchen. Neben Begegnungen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel wird der Kardinalstaatssekretär auch mit Vertretern kirchlicher Hilfswerke sprechen. Außerdem trifft er mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zusammen.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Heiligen Stuhl waren kompliziert: Als 1871 das Deutsche Reich gegründet wurde, war zwar mehr als ein Drittel der Bevölkerung katholisch. Doch Kaiserhaus und preußische Elite waren protestantisch geprägt. Schon wenig später – im Juli vor 150 Jahren – brach der Kulturkampf aus, mit dem Bismarck den Einfluss von Papst und katholischer Kirche bekämpfen wollte. An diplomatische Beziehungen war nicht zu denken.

Für die Verhandlungen zwischen Kirche und Staat in Deutschland blieb bis 1920 die Nuntiatur in Bayern zuständig. Doch die Revolution von 1918 veränderte die Beziehungen grundlegend. Die Weimarer Republik brauchte internationale Anerkennung. In der Berliner Rauchstraße entstand eine Papst-Botschaft. Pacelli hat seinen persönlichen Umzug nach Berlin bis 1925 hinausgezögert. Wichtigste Aufgabe des 1872 in Rom geborenen Vatikandiplomaten war die Neuregelung des Staat-Kirche-Verhältnisses in der deutschen Demokratie: Es ging um die katholischen Bekenntnisschulen, die Priesterausbildung an staatlichen Hochschulen, Bischofsernennungen oder die Finanzierung der Kirche. 1924 konnte das Bayerische, 1929 das Preußen- und 1932 auch das Badische Konkordat geschlossen werden.

Zäh verliefen die 1924 begonnenen Verhandlungen mit den Reichsregierungen. Bis Hitler kam. Das schon am 20. Juli 1933 unterzeichnete Reichskonkordat bedeutete einen großen Prestige-Gewinn für die Nazis. Pacelli ging es darum, die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, den Fortbestand katholischer Vereine sowie der Bekenntnisschulen zu sichern – ein Vertrag mit dem Teufel, der wenig genutzt hat.

Nach dem Untergang des Dritten Reiches nahm der Vatikan die diplomatischen Beziehungen „mit dem deutschen Volk“ wieder auf. Der US-amerikanische Bischof Alois Muench war seit 1946 für Papst Pius XII. in Deutschland tätig, zunächst als Leiter einer Päpstlichen Mission in Kronberg/Taunus, ab März 1951 dann als erster Nuntius in der westdeutschen Bundeshauptstadt Bonn.

In den 50er Jahren bestimmte das gemeinsame Engagement für ein geeintes West-Europa die beiderseitigen Beziehungen. Seit den 60er Jahren zeigten sich zunehmende Gegensätze: Rom folgte insbesondere unter Papst Paul VI. einer Dialogpolitik mit den kommunistischen Staaten Mittel- und Osteuropas. Damit stellte sich auch die Frage nach der Anerkennung der polnischen Westgrenze und dem Fortbestand der Bistümer in den früher deutschen Ostgebieten. Auch die DDR verstärkte ihren Druck auf Rom, um kirchenpolitisch wie ein souveräner Staat behandelt zu werden. Ihr ging es um eine völlige kirchenrechtliche Trennung der Kirche in den beiden Teilen Deutschlands, um die Einrichtung einer eigenen Bischofskonferenz und schließlich um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen der DDR zum Vatikan.

Nach der Wiedervereinigung waren die Neuordnung der deutschen Diözesen und Staatsverträge mit mehreren Bundesländern zentrale Themen auf diplomatischem Gebiet. Die Botschaft des Heiligen Stuhls wurde 2001 von Bonn wieder nach Berlin verlegt. Auf Muench folgten bis heute acht weitere Nuntien. Seit 2013 ist Erzbischof Nikola Eterovic (70) als Nuntius in Deutschland tätig.

Von Christoph Arens (KNA)