„Drei Löwen“ werden Englands Kicker genannt, die am Sonntag im heimischen Wembley nach der Krone greifen. Aber warum eigentlich der Name? Ein Blick auf mittelalterliche Dokumente und Bilder gibt Antwort.
Am 13. April 1314 verbot der unbeliebte König Edward II. (1307-1326), „sich um große Bälle zu drängeln“ (‚rageries de grosses Pelotes‘). Er tat dies wohl auf Geheiß einiger verärgerter Londoner Kaufleute – die offenkundig das Potenzial des Fußballs für den Verkauf von Alkohol und Produkt-Merchandising noch nicht erkannt hatten. Und 1349 ordnete König Edward III. sogar an, dass Bogenschießen den Fußball ersetzen sollte.
Der streitbare Vorreformator John Wyclif (1330-1384) zitierte in einer seiner Predigten, dass es ein alltäglicher Anblick sei, wie Christenmenschen herumgeschubst würden; „mal von Päpsten, mal von Bischöfen … als würden sie einen Fußball treten „(‚…as who shulde chulle a foot-balle‘).
Die Nationalteams im modernen Fußball haben heute teils seltsame Namen, oft nach ihren Trikotfarben: „Albiceleste“ (die Weiß-Himmelblauen) heißen etwa die Argentinier, „Azzurri“ (Tiefblaue) die Italiener. Andere haben Ehrfurchtsbezeugungen, so die „Selecao“ (Auswahl) aus Brasilien oder die „Elftal“ (Elf) aus den Niederlanden – oder bloße Marketingbezeichnungen wie „Die Mannschaft“ aus Deutschland, in Frankreich als „La Mannschaft“ bekannt. Wieder andere haben familiäre Kosenamen bekommen, so wie die Schweizer „Nati“. Die Kroaten werden „Kockasti“ gerufen, „die Karierten“.
Englands Nationalteam heißt auch „Die Drei Löwen“ – nach dem markanten, mittelalterlich anmutenden Wappen des englischen Fußballverbandes (FA) auf dem Trikot. Dieses Faktum ist spätestens seit 1996 auch weniger England- und Fußballaffinen ein Begriff: durch den Song „Three Lions (It’s coming home“) der Lightning Seeds zur EM in England, dieser Tage einmal mehr ein Riesenhit. Aber warum eigentlich „Drei Löwen“?
Die Handschriftenabteilung der British Library hat vor einigen Jahren Belege aus mittelalterlichen Manuskripten und Bildern zusammengetragen. Das Wappen des englischen Teams bezieht sich auf das königliche Wappen Englands. Ursprünglich hatten die Ehrenzeichen der englischen Könige eine variable Anzahl von Löwen; normalerweise ein oder zwei, in verschiedenen Posen.
1154 dann bestieg Heinrich II. den englischen Thron. Er war seit kurzem verheiratet mit Eleonore von Aquitanien, der Ex-Frau des französischen Königs, ihrerseits reich an Land und Titeln im Westen Frankreichs; auch ihr Wappen enthielt einen Löwen. Durch die Verbindung der beiden entstand für einige Jahrzehnte ein europäisches Westreich, das sich von Schottland bis zu den Pyrenäen erstreckte – durchaus drei Löwen im Wappen wert, die fortan auch auf einigen königlichen Symbolen erschienen.
Besonders verbunden sind die drei Löwen mit Heinrichs und Eleonores Sohn Richard I. „Löwenherz“ (1157-1199), seit 1189 Englands König und zuvor Herzog von Aquitanien und der Normandie. Sein Großsiegel ist das erste eines englischen Monarchen, in dem das Wappen mit den drei Löwen deutlich zu sehen ist. Als der Chronist Matthäus von Paris (um 1200-1259) seine Berichte über die Regierung der englischen Könige verfasste, stellte er Richard mit einem Schild mit drei Löwen als bestimmendem Merkmal dar.
Zum Wappen des englischen Fußballverbands gehört neben den drei Löwen noch ein weiteres heraldisches Symbol der englischen Könige: zehn Tudor-Rosen, die die verschiedenen Divisionen des Verbands symbolisieren. Diese Rosen sind rot und weiß und kombinieren Symbole der beiden rivalisierenden Parteien aus den sogenannten Rosenkriegen (1455-1485) zwischen den Adelshäusern York und Lancaster. Damit der Fußball tatsächlich heimkommt, müssen die Rosenkrieger am Sonntagabend in Wembley wie elf Löwen die italienischen „Tiefblauen“ niederkämpfen.