Erzbischof Koch bezeichnet Mauertote als Vorbild für Tatkraft

Zum 60. Jahrestag des Mauerbaus hat der Berliner Erzbischof Heiner Koch die Mauertoten als Vorbild für Tatkraft gegen Unterdrückung und Unrecht bezeichnet.

Zum 60. Jahrestag des Mauerbaus hat der Berliner Erzbischof Heiner Koch die Mauertoten als Vorbild für Tatkraft gegen Unterdrückung und Unrecht bezeichnet. „All diese Menschen haben nicht kapituliert angesichts der Ohnmachtserfahrung“, erklärte Koch am Donnerstag in Berlin. Am 13. August 1961 begann der Bau der Berliner Mauer. Dies sei „ein Aufruf für uns heute, um alles in unserer Macht stehende zu tun, dass Menschen – in welcher Situation auch immer – nicht ohnmächtig der Gewalt ihrer Mitmenschen ausgesetzt sein dürfen und dass wir alles gegen Situationen tun müssen, die menschliches Leben zerstören und menschliche Lebensentfaltung verhindern.“

Insgesamt wurden allein an der Berliner Mauer zwischen 1961 und 1989 mindestens 140 Menschen getötet oder kamen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem DDR-Grenzregime ums Leben. Das „schreiende Unrecht“, das diesen Menschen widerfahren sei, sei „in aller Grausamkeit auch ein Zeichen ihrer Größe und Würde, die sie gerade in ihrem so erlittenen Leid und Tod bewahrten“, betonte der Erzbischof weiter. Er erinnerte daran, dass es auch heute noch die Erfahrung gebe, dass sich Menschen, Institutionen und Staaten gegenüber ihren Regierungen als hilflos empfänden. „Das nach dem Rückzug der Nato sich selbst und den Taliban überlasse Afghanistan ist ein ebenso beredtes Beispiel wie die auf dem Mittelmeer in Booten treibenden Geflüchteten und die an die Ufer gespülten Leichen, der heute auf der Flucht Umgekommenen“, so der Geistliche.

Koch, der am Tag des Mauerbaus sieben Jahre alt war und die Ereignisse nach eigenen Angaben damals im Fernsehen verfolgte, wird am Freitag bei einem ökumenischen Gedenkgottesdienst für die Mauertoten in der Kapelle der Versöhnung an der Bernauer Straße sprechen. Auch der evangelische Bischof Christian Stäblein nimmt an der Andacht teil. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht die Biografie von Ida Siekmann (1902-1961). Sie war das erste Todesopfer an der Berliner Mauer. Die Frau verunglückte tödlich in der Bernauer Straße, als sie aus dem Fenster sprang, um nach West-Berlin zu fliehen. Die Kapelle der Versöhnung in Berlin-Mitte steht auf dem ehemaligen Todesstreifen. Sie wurde 2000 eingeweiht und gehört zur Gedenkstätte Berliner Mauer.

Die zentrale Gedenkveranstaltung zum 60. Jahrestag des Mauerbaus findet am Freitagmorgen in der Gedenkstätte Berliner Mauer statt. Dazu werden neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), erwartet.

kna