Kolleg stellt Feier der Alten Messe ein

Das Päpstliche North American College in Rom, in dem vor allem Priesterkandidaten aus den USA und Kanada ausgebildet werden, wird keine Messfeiern mehr im außerordentlichen Ritus begehen
Irondale/Rom – Das Päpstliche North American College in Rom, in dem vor allem Priesterkandidaten aus den USA und Kanada ausgebildet werden, wird keine Messfeiern mehr im außerordentlichen Ritus begehen. Auch würden angehende Geistliche nicht mehr für diese Form ausgebildet, heißt es in einer Mitteilung des Rektors, Peter Harman, aus der das private katholische Mediennetzwerk CNA/EWTN zitiert. Auf Nachfrage reagierte das College bisher nicht.

Der Petersdom im Vatikan (Foto: Carlo Armanni/Pixabay)

Das Päpstliche North American College in Rom, in dem vor allem Priesterkandidaten aus den USA und Kanada ausgebildet werden, wird keine Messfeiern mehr im außerordentlichen Ritus begehen. Auch würden angehende Geistliche nicht mehr für diese Form ausgebildet, heißt es in einer Mitteilung des Rektors, Peter Harman, aus der das private katholische Mediennetzwerk CNA/EWTN zitiert. Auf Nachfrage reagierte das College bisher nicht.

Mit einem Erlass vom 16. Juli hatte Papst Franziskus die Feier der sogenannten Alten Messe stark eingeschränkt und sie von der Einzelerlaubnis des Ortsbischofs abhängig gemacht. Dem Bericht zufolge teilte College-Rektor Harman nun mit, mit dem Erlass Papst Benedikts XVI. von 2007, mit dem dieser die Möglichkeiten zur Feier im außerordentlichen Ritus deutlich ausgeweitet hatte, habe man diese Form ebenfalls verstärkt und ins liturgische Ausbildungsprogramm aufgenommen. Nach dem jüngsten Erlass von Franziskus jedoch habe sich die Leitung des Hauses entschlossen, dies zurückzufahren.

Zur Entscheidung von Franziskus, mit seinem Erlass „Traditionis custodes“ (Als Wächter der Tradition) die alte Messe wieder deutlich einzuschränken, gibt es insbesondere aus den USA teils scharfe Kritik. Ein Großteil der dortigen Kirche gilt ohnehin als sehr kritisch gegenüber dem Papst aus Argentinien.

Franziskus verteidigt Einschränkung

Papst Franziskus hat seinen jüngsten Erlass zur Einschränkung der „alten Messe“ gegen Kritik verteidigt. Die Geschichte hinter dem im Juli veröffentlichten Schreiben „Traditionis custodes“ (Hüter der Tradition) sei lang, sagte er im Interview des spanischen Senders Cope (Mittwoch). Benedikt XVI. habe 2007 all jenen entgegenkommen wollen, die sich mit der aktuellen Liturgie „nicht wohl“ gefühlt hätten, erläuterte Franziskus. Um auf diese „gewisse Nostalgie“ einzugehen, habe Benedikt mit „außerordentlicher Menschlichkeit“ gehandelt. In der Folge wurde die alte, tridentinische Gottesdienstform wieder in größerem Umfang zugelassen. Franziskus nahm diesen Schritt schließlich weitgehend zurück.

Als maßgeblichen Grund für die Entscheidung nannte er nun eine im Jahr 2020 vorgenommene weltweite Evaluierung. Dabei habe man festgestellt, dass aus dem ursprünglich pastoralen Anliegen „eine Ideologie“ geworden sei. „Wir mussten also mit klaren Regeln reagieren“, so das Kirchenoberhaupt. Wenn man den Erlass gründlich lese, erkenne man, dass es sich um eine „konstruktive Neuordnung“ handle. Es gehe darum, mit pastoraler Sorgfalt „Exzesse“ zu vermeiden.

In seinem Erlass „Traditionis custodes“ hatte Franziskus im Juli die „ordentliche Form“ der Messe als „einzige Ausdrucksweise“ des Römischen Messritus festgelegt. Die von Benedikt XVI. in größerem Umfang erlaubte außerordentliche Form darf nur noch mit ausdrücklicher Erlaubnis des Ortsbischofs gefeiert werden.

Stichwort: Tridentinische Messe

Als tridentinische Messe bezeichnet man den lateinischsprachigen Gottesdienst im überlieferten alten Ritus, wie er nach dem Konzil von Trient (1545-1563) für die katholische Kirche weltweit vorgeschrieben war. Diese Messbücher wurden nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) schrittweise durch eine erneuerte Liturgie ersetzt, die in der Regel in der jeweiligen Landessprache gefeiert wird. Latein blieb aber weiterhin erlaubt.

Gegen diese Liturgiereform wandte und wendet sich unter anderen die traditionalistische Piusbruderschaft um den französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991). Sie hält die Einführung der Landessprache und die stärkere Einbeziehung der Gemeinde in die Messfeier für verfehlt. Um ihnen entgegenzukommen, gestattete 1984 Papst Johannes Paul II. (1978-2005) die Verwendung der alten, tridentinischen Messe nach dem letzten vorkonziliaren Messbuch von 1962 unter strengen Auflagen. Dennoch überwarfen sich Lefebvre und seine engsten Anhänger mit dem Vatikan.

2007 erlaubte Benedikt XVI. (2005-2013) mit seinem Schreiben „Summorum Pontificum“, dass wieder öfter Gottesdienste in der Kirchensprache Latein nach dem Ritus von 1962 gefeiert werden dürfen. Er benannte eine Reihe von Vorgaben, um diese Feiern in die Einheit der Kirche und die Diözesen einzubinden.

rwm/kna

Der Vatikan, die Traditionalisten und die „Alte Messe“ – Ein langer Konflikt um Liturgie und Lehre

Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) widersetzt sich eine Minderheit von Traditionalisten der Modernisierung der katholischen Kirche und ihrer Liturgie. Im Vordergrund steht dabei auch die Feier der sogenannten Alten Messe. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) dokumentiert wichtige Stationen des römischen Konflikts mit der sogenannten Piusbruderschaft:

1962-1965: Das Zweite Vatikanische Konzil beschließt eine Modernisierung der katholischen Kirche. Eine konservative Minderheit lehnt die Reformen ab; sie kritisiert unter anderem die ökumenische Öffnung, die Erklärung zur Religionsfreiheit sowie Neuerungen in der Liturgie.

1969/70: Der Konzilsteilnehmer Erzbischof Marcel Lefebvre gründet die kirchlich zunächst anerkannte „Confraternitas Pius X“. Er wirft der römisch-katholischen Kirche vor, mit dem Konzil und der nachfolgenden Liturgiereform die Tradition der Kirche zerstört zu haben.

1975: Rom entzieht der Piusbruderschaft in Econe im Schweizer Kanton Wallis die kirchenrechtliche Legitimation. Im Jahr darauf enthebt Papst Paul VI. Lefebvre seiner bischöflichen Rechte. Der suspendierte Erzbischof weiht aber weiter Priester.

1984: Johannes Paul II. gestattet unter bestimmten Bedingungen die „tridentinische“ Messe nach dem Messbuch von 1962 und kommt damit den Lefebvrianern entgegen.

1988: Kardinal Joseph Ratzinger, Präfekt der Glaubenskongregation, handelt einen Kompromiss mit Lefebvre aus, den der Erzbischof kurz vor der Unterzeichnung wieder verwirft. Am 30. Juni weiht Lefebvre gegen päpstliches Verbot vier Priester zu Bischöfen. Dadurch ziehen sich die Beteiligten die Exkommunikation zu, die der Papst förmlich feststellt. Die Lefebvrianer sehen sich dagegen weiter als Mitglieder der Kirche. Der Papst gründet die Kommission „Ecclesia Dei“ für den Dialog mit den Traditionalisten. Einige Gruppen werden wieder in die katholische Kirche integriert, etwa in der traditionalistischen „Petrusbruderschaft“.

1991: Tod Lefebvres. Sein Nachfolger als Generaloberer der Piusbrüder wird der von ihm geweihte Schweizer Bischof Bernard Fellay.

2005: Fellay begrüßt die Papstwahl Joseph Ratzingers als einen „Hoffnungsschimmer“. Im August wird Fellay von Benedikt XVI. empfangen. Im Gespräch zeigt sich laut Vatikanangaben der „Wunsch, zu einer vollkommenen Gemeinschaft zu gelangen“.

2007: Benedikt XVI. erlaubt im Schreiben „Summorum pontificum“, dass überall Messen nach dem Ritus von 1962 gefeiert werden dürfen. Dieser heißt nun „außerordentliche Form des römischen Ritus“.

Ende 2008: Fellay bittet im Namen der vier Bischöfe um die Rücknahme der Exkommunikation. Er sichert die Anerkennung des päpstlichen Primats und die Annahme der Lehren des Papstes zu.

Januar 2009: Die Bischofskongregation habt die Exkommunikation der vier Pius-Bischöfe auf. Fast gleichzeitig wird ein schwedisches TV-Interview bekannt, in dem einer der Bischöfe, Richard Williamson, den Holocaust und die Existenz von Gaskammern leugnet. Trotz Aufforderung aus Rom zieht er seine Aussagen nicht zurück.

März 2009: Benedikt XVI. schreibt an alle Bischöfe der Weltkirche und räumt handwerkliche Fehler der Kurie in der Williamson-Affäre ein. Zugleich bekräftigt er seine Absicht, die Piusbrüder wieder eingliedern zu wollen.

September 2011: Der Vatikan legt der Leitung der Bruderschaft eine „Lehrmäßige Erklärung“ über grundlegende katholische Glaubenslehren zur Unterzeichnung vor. Im März 2012 weist Rom die Antwort der Piusbrüder als unzureichend zurück.

März 2013: Nach der Wahl von Papst Franziskus erklärt der Distriktobere der Piusbrüder in Südamerika, Christian Bouchacourt, er sehe im neuen Papst einen „idealistischen Armutsapostel der 70er Jahre“. Der vormalige Erzbischof von Buenos Aires pflege eine „militante Demut, die sich aber als demütigend für die Kirche erweisen könnte“.

September 2014: Erstmals trifft der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, mit Fellay zusammen. Beide hofften auf eine „vollständige Versöhnung“, erklärt der Vatikan anschließend.

September 2015: Papst Franziskus gestattet im „Heiligen Jahr der Barmherzigkeit“ allen Gläubigen, bei Priestern der Bruderschaft gültig zu beichten. Später verlängert er die Anordnung.

Sommer 2016: Ein Vatikanverhandler teilt mit, der Generalobere Fellay habe den Vorschlag akzeptiert, künftig wie das Opus Dei eine „Personalprälatur“ in der Kirche zu werden.

Januar 2017: Fellay spricht sich dafür aus, die Trennung von Rom zu beenden. Eine Einigung sei „auf dem Weg“. Es sei nicht nötig abzuwarten, bis die Situation im Inneren der Kirche „absolut zufriedenstellend“ sei.

April 2017: Der Vatikan legt den Ortsbischöfen nahe, die kirchlichen Trauungen der traditionalistischen Gemeinschaft anzuerkennen. Wie auch bei der Beichtvollmacht gehe es um „das Ziel, die Priesterbruderschaft in die volle Gemeinschaft der Kirche zurückzuführen“.

2018: Die Piusbrüder wählen den 47-jährigen Italiener Davide Pagliarani zum neuen Generaloberen. Seine Äußerungen lassen seither wenig Spielraum für eine Aussöhnung.

Januar 2019: Franziskus löst die Kommission „Ecclesia Dei“ auf. Ihre Aufgaben überträgt er der Glaubenskongregation.

Juli 2021: Papst Franziskus schränkt die Feier des alten Messritus ein. Mit dem Motu Proprio „Traditionis custodes“ (Hüter der Tradition) legt er den ordentlichen Messritus als „einzige Ausdrucksweise“ des Römischen Ritus fest. Der von Benedikt XVI. 2007 in größerem Umfang erlaubte außerordentliche Ritus darf nur noch mit Erlaubnis des Ortsbischofs unter engeren Auflagen gefeiert werden. Der bisherige Gebrauch habe zu viel Spaltung hervorgerufen.

kna