„Vertrauen untergraben“ – Mitglieder der Synodalversammlung kritisieren Vatikan

57 Mitglieder des Synodalen Weges haben sich vor Beginn der zweiten Synodalversammlung in Frankfurt in einer Erklärung mit dem Vatikan auseinandergesetzt.
57 Mitglieder des Synodalen Weges haben sich vor Beginn der zweiten Synodalversammlung in Frankfurt in einer Erklärung mit dem Vatikan auseinandergesetzt.

(Symbolfoto: Synodaler Weg/Malzkorn)

Vor der zweiten Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt üben 57 Teilnehmer des katholischen Reformdialogs Kritik am Vatikan. In einer am Dienstag vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) veröffentlichten Erklärung zeigen sie sich erschüttert über die Gründe, die Papst Franziskus dazu veranlassten, das Rücktrittsangebot des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße und der Kölner Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominik Schwaderlapp nicht anzunehmen. Dass der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki eine mehrmonatige „Auszeit“ nehmen, aber im Amt bleiben soll, stößt bei den Unterzeichnern ebenfalls auf Unverständnis.

„Schuld und Verantwortung haben in unserer Kirche auch vor allem eine moralische Dimension“, heißt es in dem Papier. „Generell gilt, dass nicht erst die Vertuschungsabsicht, sondern auch schwere Verfahrensfehler jenes Vertrauen untergraben können, das für die Ausübung des bischöflichen Dienstes unerlässlich ist.“ Einen „Mangel an Aufmerksamkeit und Sensibilität den von Missbrauch Betroffenen gegenüber“, den das Schreiben aus Rom bei Heßes früherer Tätigkeit feststelle, sei mit dem Dienst als Bischof unvereinbar.

„Auch aus der Politik und demokratischen Strukturen kennen wir die Möglichkeit, durch persönliche Verantwortungsübernahme einen Weg der Erneuerung zu ermöglichen“, so die Synodalen. In der Erklärung zeigen sie sich entschlossen, den Dialog zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland fortzuführen. „Wir knüpfen daran die Erwartung, dass unsere Bischöfe diesen Weg als Zeichen und Werkzeug für eine echte Neuentdeckung der Frohen Botschaft Gottes in unserer Zeit mitgehen und mitgestalten. Und wir erwarten vom Bischof von Rom, dass er in Gemeinschaft mit allen Bischöfen die Impulse unseres Synodalen Weges unvoreingenommen prüft. Ansonsten geriete jede Rede über die synodale Verfasstheit unserer Kirche zur bloßen Farce.“

Zu den Unterzeichnern gehören ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann, die Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), Maria Flachsbarth, die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop, der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann und Gregor Podschun, Bundesvorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ).

Dokumentation: Erklärung von Mitgliedern
der Synodalversammlung des Synodalen Weges

Am 15.9.2021 teilte der Heilige Stuhl die Entscheidung von Papst Franziskus mit, das Rücktrittsangebot von Erzbischof Heße nicht anzunehmen. Mit seinem Amtsverzicht hatte der Erzbischof von Hamburg seine persönliche Verantwortung übernehmen wollen, die er für schwere Versäumnisse im Zusammenhang des Umgangs mit Tätern und Opfern sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln trägt. Insbesondere bedrückte ihn sehr, dass durch sein damaliges Verhalten den „Betroffenen ein weiteres Mal Leid zugefügt worden ist“ (Schreiben an die Gläubigen des Erzbistums Hamburg vom 19.3.2021). Am 24.09.21 entschied der Papst, Kardinal Woelki im Amt zu belassen, aber ihm eine mehrmonatige „geistliche Auszeit“ zu gewähren, die der Vorbereitung auf einen Erneuerungsprozess in der Erzdiözese dienen soll. Gleichzeitig hat er entschieden, dass die Weibischöfe Puff und Schwaderlapp, die gleichfalls wegen Versäumnissen dem Papst ihren Rücktritt angeboten haben, wieder in ihr Amt zurückkehren, der letzte nach einem Jahr Auszeit in Kenia.

Die in der Mitteilung des Heiligen Stuhles geltend gemachten Gründe, den Amtsverzicht von Erzbischof Heße nicht anzunehmen, erschüttern uns. Die jetzt bekanntgewordenen Gründe zur Nichtannahme der Rücktrittsangebote seitens der beiden Kölner Weihbischöfe verstärken diese Erschütterung. Wir befürchten insbesondere, dass sie ein weiteres Mal den Betroffenen Leid zufügen. Nicht schon das Angebot, sondern erst der Vollzug eines Amtsverzichtes dokumentiert jene Demut, die zum Beispiel Erzbischof Heße zu üben bereit war und ist.

Schuld und Verantwortung haben in unserer Kirche auch vor allem eine moralische Dimension. Generell gilt, dass nicht erst die Vertuschungsabsicht, sondern auch schwere Verfahrensfehler jenes Vertrauen untergraben können, das für die Ausübung des bischöflichen Dienstes unerlässlich ist. „Mangel an Aufmerksamkeit und Sensibilität den von Missbrauch Betroffenen gegenüber“, die das Schreiben aus Rom bei der früheren Tätigkeit von Erzbischof Heße feststellt, sind eigentlich mit dem Dienst als Bischof unvereinbar. Auch aus der Politik und demokratischen Strukturen kennen wir die Möglichkeit, durch persönliche Verantwortungsübernahme einen Weg der Erneuerung zu ermöglichen. Die Verantwortung von Amtsträgern muss die Bereitschaft umfassen, sowohl die persönlichen als auch die systemischen Mängel in der Kirche nachhaltig zu beheben, um sexualisierte Gewalt in der Vergangenheit aufzuarbeiten und in Gegenwart wie Zukunft zu verhindern. Dazu braucht es Vertrauen. Dieses Vertrauen ist schwer erschüttert.

Als Mitglieder der Synodalversammlung sind wir gewillt, den Synodalen Weg weiterzugehen. Wir knüpfen daran die Erwartung, dass unsere Bischöfe diesen Weg als Zeichen und Werkzeug für eine echte Neuentdeckung der Frohen Botschaft Gottes in unserer Zeit mitgehen und mitgestalten. Und wir erwarten vom Bischof von Rom, dass er in Gemeinschaft mit allen Bischöfen die Impulse unseres Synodalen Weges unvoreingenommen prüft. Ansonsten geriete jede Rede über die synodale Verfasstheit unserer Kirche zur bloßen Farce.