Soziologe: Zurückhaltung von Katholiken im Osten nachvollziehbar

Für Katholiken in Ostdeutschland ist es nach Ansicht des Leipziger Religionssoziologen Gert Pickel schwieriger, sich bei Reformthemen öffentlich zu positionieren.
Leipzig/Magdeburg – Für Katholiken in Ostdeutschland ist es nach Ansicht des Leipziger Religionssoziologen Gert Pickel schwieriger, sich bei Reformthemen öffentlich zu positionieren. Er denke nicht, "dass die ostdeutschen Katholiken die innerkirchlichen Probleme übersehen. Dafür lassen sich auch in unseren Studien keine Belege finden. Die halten Anpassungen an die Gegenwart in ähnlicher Weise für wichtig", sagte er am Mittwoch in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Aber es ist in Ostdeutschland doch grundsätzlich schwieriger, das umzusetzen und sich zu beteiligen."

–Foto: Gert Pickel/CC0 1.0 Universell

Für Katholiken in Ostdeutschland ist es nach Ansicht des Leipziger Religionssoziologen Gert Pickel schwieriger, sich bei Reformthemen öffentlich zu positionieren. Er denke nicht, „dass die ostdeutschen Katholiken die innerkirchlichen Probleme übersehen. Dafür lassen sich auch in unseren Studien keine Belege finden. Die halten Anpassungen an die Gegenwart in ähnlicher Weise für wichtig“, sagte er am Mittwoch in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Aber es ist in Ostdeutschland doch grundsätzlich schwieriger, das umzusetzen und sich zu beteiligen.“

Pickel erläuterte: „Das trifft nicht nur Katholiken, sondern es ist in Ostdeutschland insgesamt so, dass wir, was Vorurteilsstrukturen und die Auseinandersetzung damit angeht, leider in den vergangenen Jahren eine Entwicklung hatten, die sehr, sehr aggressiv ist. Ich wäre als normaler Kirchgänger bei einem Thema, wo ich das Risiko starker Auseinandersetzungen eingehe, etwa durch rechte Gruppen, dann auch zurückhaltender, mich öffentlich zu positionieren.“ Insofern überrasche es nicht, wenn es im kirchlichen Bereich in Ostdeutschland weniger öffentliche Äußerungen gebe.

Der katholische Magdeburger Bischof Gerhard Feige ergänzte: „Ich merke in Gesprächen schon, dass unsere Gläubigen diese Themen bewegen, aber sie drücken sich nicht in der Weise aus, wie das westlicherseits eher wahrnehmbar ist.“ Er verwies zudem auf eine starke Minderheitensituation der Katholiken in Ostdeutschland, und dass dort auch Verbände und Vereine nicht so stark präsent seien, über die Protestaktionen im kirchlichen Raum oft liefen.

Sein Bistum, so Feige, habe sich Anfang der 2000er-Jahre in einem mehrjährigen Prozess intensiv mit der eigenen Rolle in der Gesellschaft auseinandergesetzt: „Es war klar: Wir sind nicht mehr die Diaspora-Kirche der vergangenen Zeiten, die nur um sich selbst kreist, sondern es geht um unsere Sendung, und da muss etwas in die Welt strahlen. Heißt also: die Welt in den Blick nehmen und sich nicht innerkirchlich zerfleischen.“

kna