Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Gefahr einer historischen Phase, in der wichtige Lehren aus der Geschichte verblassen könnten.
Frankfurt – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Gefahr einer historischen Phase, in der wichtige Lehren aus der Geschichte verblassen könnten. „Wir müssen uns wieder daran erinnern, dass die multilaterale Weltordnung als Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg geschaffen wurde“, sagte Merkel im Interview der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.
Eine Gefahr bestehe etwa darin, dass die Europäer die Europäische Union als „Selbstverständlichkeit“ ansähen. In der Geschichte sei es ein wiederkehrendes Muster, dass Menschen mit Strukturen leichtfertig umzugehen begännen, wenn die Generationen, die diese geschaffen hätten, nicht mehr lebten. „Man erbt nichts, ohne dass man es weiter pflegen müsste, jedenfalls wenn man das Erbe bewahren will.“ Gerade die Europäer müssten sich mit aller Kraft für eine multilaterale Ordnung einsetzen. Merkel merkte an, dass es in ihren 16 Jahren als Bundeskanzlerin „sehr viel komplexer“ geworden sei, international Kompromisse auszuhandeln. Die Welt sei „alles andere als in einem stabilen Zustand“.
Jahre im Amt haben Merkel erfüllt
Die derzeit geschäftsführende Bundeskanzlerin äußerte sich zufrieden mit dem Zeitpunkt ihres Abtritts. „Ich kann jetzt mit einem guten Gefühl sagen, dass es richtig ist, dass das jetzt ein anderer übernimmt“, sagte sie. Die Jahre im Amt hätten sie erfüllt, seien aber insbesondere auch wegen der geforderten „Krisenaufmerksamkeit“, also des ständigen Bemühens, vorzubeugen oder zumindest rechtzeitig zu reagieren, herausfordernd gewesen. Nun freue sie sich auf Dinge, die in dieser Zeit zu kurz gekommen seien, „vielleicht etwas reisen oder lesen oder einfach mal Muße haben in dem Wissen, dass nicht in den nächsten zwanzig Minuten schon wieder etwas Umwälzendes passieren kann“, sagte die Kanzlerin.
Merkel sagte, sie gehe mit großer Dankbarkeit dafür, das Amt der Bundeskanzlerin 16 Jahre lang ausgeübt haben zu können. Daneben empfinde sie „Zufriedenheit, auf eine lange, auch zum Teil komplizierte Wegstrecke zurückzublicken. Ein bisschen Wehmut wird später vielleicht auch dazu kommen.“