Das oberste US-Gericht hat die Möglichkeit der Zulässigkeit von Klagen gegen das texanische Abtreibungsgesetz angedeutet.
Washington – Das oberste US-Gericht hat die Möglichkeit der Zulässigkeit von Klagen gegen das texanische Abtreibungsgesetz angedeutet. Der Supreme Court hörte am Montag (Ortszeit) die mündlichen Argumente eines texanischen Abtreibungsanbieters und des US-Justizministeriums an. Die konservativen Richter Brett M. Kavanaugh und Amy Coney Barrett ließen in ihren Fragen erkennen, dass sie einen Klageweg für Abtreibungsanbieter gegen das Gesetz sehen. Dessen Struktur zielt darauf ab, eine Überprüfung durch ein Bundesgericht zu vermeiden.
Keine Ausnahmen bei Vergewaltigung oder Inzest
Dies wäre eine wichtige Änderung gegenüber dem 5- zu 4-Votum des Supreme Court vom September, mit dem das Gericht es ablehnte, das Inkrafttreten des Gesetzes per einstweiliger Verfügung zu stoppen. Das texanische Abtreibungsgesetz verbietet Abtreibungen ab der sechsten Schwangerschaftswoche. Es lässt keine Ausnahmen bei Vergewaltigung oder Inzest zu. Zur Durchsetzung des Gesetzes sind auch Privatpersonen aufgerufen, die für erfolgreiche Klagen 10.000 Dollar Prämie erhalten. Die Kläger hatten vor dem Supreme Court argumentiert, dass das texanische Gesetz im Widerspruch zum Verfassungsgerichtsurteil „Roe vs. Wade“ steht, das Abtreibungen zur Privatsache erklärt hatte.
Bei der mehr als dreistündigen Anhörung ging es nicht um die Verfassungsmäßigkeit des sogenannten „Senate Bill 8“ von Texas, sondern ausschließlich um verfahrensrechtliche Aspekte. Die mündliche Verhandlung wurde möglich, weil die Abtreibungsanbieter einen sogenannten „certiorari before judgment“-Antrag gestellt hatten. Dieses selten angewandte Verfahren sieht vor, dass der Supreme Court die Entscheidung eines Bezirksgerichts direkt überprüfen kann, ohne auf das Urteil eines Bundesberufungsgerichts zu warten.
Kippt der Supreme Court das Grundsatzurteil
Sollte das Verfassungsgericht in seinem Urteil, das nicht vor Juni kommenden Jahres erwartet wird, Abtreibungsanbietern ein Klagerecht einräumen, wäre noch keine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit gefallen. Der Fall würde dann an untere Gerichtsinstanzen weitergeleitet. Im Dezember will sich der Supreme Court in einem zweiten Verfahren mit dem Abtreibungsgesetz des Bundesstaates Mississippi befassen. Dieses verbietet Schwangerschaftsabbrüche nach der 15. Woche. Das Gesetz aus dem Jahr 2018 trat aufgrund von Anfechtungen nie in Kraft. Ein Bundesberufungsgericht hatte seine Durchsetzung blockiert.
Lebenschützer hoffen, dass der Supreme Court den Fall des Abtreibungsgesetzes von Mississippi zum Anlass nimmt, das Grundsatzurteil „Roe vs. Wade“ zu kippen oder deutlich zu modifizieren.