Das Gutachten zum Umgang mit sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising wird erst im Januar 2022 vorgestellt.
München – Das Gutachten zum Umgang mit sexuellem Missbrauch im Erzbistum München und Freising wird erst im Januar 2022 vorgestellt. Das teilte die Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl am Mittwoch in München mit. Ursprünglich sollte es noch in diesem Jahr veröffentlicht werden. Die Verzögerung begründen die Juristen damit, „dass wir in der jüngeren Vergangenheit neue Erkenntnisse gewonnen haben, die kurzfristig einer intensiven Überprüfung unterzogen werden müssen“.
Als Zeitraum für die Vorstellung wurde die Woche vom 17. bis 22. Januar genannt. Man werde die Ergebnisse eigenverantwortlich präsentieren: „Auch die Repräsentanten der Erzdiözese München und Freising werden die Ergebnisse und Feststellungen unserer gutachterlichen Prüfungen erstmals im Zuge dieser Präsentation erfahren.“
Konkret geht es in dem Gutachten um den Zeitraum zwischen 1949 und 2019. In dieser Zeit standen prominente Kirchenmänner an der Spitze des Erzbistums, allen voran der inzwischen emeritierte Papst Benedikt XVI., damals noch als Joseph Ratzinger, außerdem die Kardinäle Michael Faulhaber, Joseph Wendel, Julius Döpfner, Friedrich Wetter und Reinhard Marx.
Der Auftrag der Kanzlei sei es, sämtliche Fälle sexuellen Missbrauchs „im Hinblick auf Ordnungsmäßigkeit und Angemessenheit der Sachbehandlung“ zu prüfen und auch mögliche systemische Defizite zu benennen. Außerdem wolle man „gegebenenfalls und soweit rechtlich möglich“ diejenigen Repräsentanten des Erzbistums benennen, die nach Einschätzung der Juristen im Untersuchungszeitraum „möglicherweise fehlerhaft oder unangemessen im Zusammenhang mit der Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs gehandelt haben“, wie es in der Mitteilung heißt. Weitere Erklärungen wolle man derzeit aufgrund der Stellung als Gutachter nicht abgeben.
Das Gutachten wird nicht nur in Deutschland, sondern auch international mit Aufmerksamkeit verfolgt. Denn es geht um den Umgang etlicher prominenter kirchlicher Verantwortungsträger mit sexuellem Missbrauch im Zeitraum von 1949 bis 2019. Prominentester Vertreter ist der inzwischen emeritierte Papst Benedikt XVI., der als Joseph Ratzinger von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising war.
Immer wieder für Schlagzeilen in Bezug auf diese Zeit sorgte der Fall Peter H. Der im Bistum Essen auffällig gewordene Priester kam 1980 nach München. Auflage war damals, dass H. eine Therapie machen solle. Der Geistliche wurde jedoch weiter in mehreren Gemeinden eingesetzt und erneut übergriffig. Für die Entscheidung, H. wieder in Gemeinden zu schicken, übernahm 2010 der ursprünglich dafür zuständige Generalvikar Gerhard Gruber die alleinige Verantwortung.
Ebenfalls untersucht wird das Agieren der Kardinäle Michael Faulhaber, Joseph Wendel, Julius Döpfner, Friedrich Wetter und zuletzt Reinhard Marx. Man wolle „gegebenenfalls und soweit rechtlich möglich“ diejenigen Repräsentanten des Erzbistums benennen, die nach Einschätzung der Juristen im Untersuchungszeitraum „möglicherweise fehlerhaft oder unangemessen im Zusammenhang mit der Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs gehandelt haben“, erklärten die Anwälte.
Die Ergebnisse werde die Kanzlei eigenverantwortlich präsentieren: „Auch die Repräsentanten der Erzdiözese München und Freising werden die Ergebnisse und Feststellungen unserer gutachterlichen Prüfungen erstmals im Zuge dieser Präsentation erfahren.“
Die Münchner Kanzlei war bereits in zwei anderen deutschen Bistümern als Gutachter tätig. Während ihre Untersuchung zu den Vorgängen im Bistum Aachen veröffentlicht wurde, zog der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki das WSW-Gutachten kurz vor der Veröffentlichung zurück. Als Grund nannte er methodische Mängel und äußerungsrechtliche Probleme. Erst nach der Veröffentlichung eines zweiten Gutachtens der Kanzlei Gercke Wollschläger konnten Interessierte die WSW-Untersuchung einsehen. Vollständig veröffentlicht wurde sie bisher nicht. Bereits im Jahr 2010 erstellte die Kanzlei ein erstes Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München und Freising. Dieses wurde mit Verweis auf Datenschutzgründe nie komplett veröffentlicht.