Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) werden nach Beobachtung der Religionspädagogin Birte Platow oft überhöht.
Siegburg – Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) werden nach Beobachtung der Religionspädagogin Birte Platow oft überhöht. „Die Vorstellung eines Gegenübers, das alles sieht, alles weiß und alles kann, ist nicht mehr Gott vorbehalten“, sagte sie am Donnerstag bei einer Online-Tagung. Viele Menschen vermuteten KI auch dort, wo sie gar nicht zur Anwendung komme, berichtete Platow, die dazu Studien durchgeführt hat.
Thema KI auch aus theologischer Perspektive in den Blick nehmen
Die Frage, ob ein Mensch oder eine KI-Anwendung eine Aufgabe besser lösen könne, stelle sich inzwischen in vielen Bereichen, erklärte die Forscherin: etwa in der Medizin oder der Ökonomie, aber auch in den Sozialwissenschaften und sogar in der Seelsorge. Die häufige Verwendung von Begriffen wie „Hoffnung“, „Erlösung“, „Untergang“, „Fluch“ oder „Segen“ in diesem Zusammenhang zeige, dass es klug sei, das Thema auch aus theologischer Perspektive in den Blick zu nehmen.
Tendenziell, auch das hätten ihre Studien gezeigt, fühle sich der Mensch den technischen Anwendungen unterlegen. Hinzu komme die sogenannte normative Kraft des Faktischen, erklärte Platow: Heute schmunzle jemand vielleicht noch über sich selbst, weil er beim Fahren eine Pause mache, nachdem das Auto ein entsprechendes Signal gegeben habe. „In zwei Jahren könnte es sein, dass demjenigen gesagt wird: Du weißt doch, dass dein Auto es besser weiß – und eines Tages könnte es heißen, selbst Schuld, wenn du nicht darauf hörst und einen Unfall hast.“
Technische Laien fühlen sich der Technik unterlgen
Der Computerlinguist Ramin Assadollahi sagte, er könne verstehen, dass technische Laien sich der Technik bisweilen unterlegen fühlten. Das Vertrauen in KI könne wachsen, wenn Interaktion ermöglicht werde: etwa, wenn Nutzer ihrem Navigationsgerät sagen könnten, dass sie wegen eines Staus oder eines Supermarkt-Besuchs anders zur Arbeit geleitet werden wollen. „Die große Herausforderung ist momentan das Design“, sagte Assadollahi.
Der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Vincenzo Paglia, pochte auf die Entwicklung einer „Algorethik“: Schon in der Konzeption von Algorithmen und Anwendungen der KI müssten ethische Aspekte berücksichtigt werden. Die Rolle von KI werde weiter wachsen, sagte der Vatikan-Ethiker. Insofern müsse sich die Gesellschaft fragen, wie dieses „wertvolle Werkzeug“ gewissenhaft genutzt werden könne.
Von Angesicht zu Angesicht: Mensch bleiben im Spiegel künstlicher Intelligenz
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), Thorsten Latzel, warnte vor neuen sozialen Ungleichheiten. Es brauche einen Austausch darüber, wie die Technik gestaltet werden könne und wie die Menschheit damit umgehen wolle – „gerade in einer Zeit, in der sich zeigt, dass die Menschheit nur sehr wenig lernfähig ist“. Dies zeige etwa am Umgang mit dem Klimawandel, mahnte Latzel.
Zu der Veranstaltung unter dem Motto „Von Angesicht zu Angesicht: Mensch bleiben im Spiegel künstlicher Intelligenz“ hatten der Bund Katholischer Unternehmer (BKU), der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer, das Sozialwissenschaftliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), das Katholisch-Soziale Institut Siegburg und die Evangelische Akademie im Rheinland eingeladen.