Das katholische Bistum Trier soll jahrelang einen des sexuellen Missbrauchs beschuldigten Priester im Amt belassen haben, obwohl es offenbar gewarnt war, dass der Pfarrer eine Gefahr für Jugendliche darstellen könnte.
Das katholische Bistum Trier soll jahrelang einen des sexuellen Missbrauchs beschuldigten Priester im Amt belassen haben, obwohl es offenbar gewarnt war, dass der Pfarrer eine Gefahr für Jugendliche darstellen könnte. Recherchen des Magazins Der Spiegel haben neue Details über Pflichtverletzungen von kirchlichen Verantwortungsträgern im Bistum Trier beim Umgang mit einem Missbrauchs-Fall zutage gefördert. Das Bistum soll demnach 2006 von einem Polizei-Kommissar nicht nur Hinweise über Missbrauchs-Vorwürfe gegen einen Priester erhalten haben. Es sei auch über ein Teilgeständnis des Beschuldigten informiert worden, habe aber nicht gehandelt, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten umfangreichen Bericht zu Missbrauchsfällen im Bistum Trier.
Bisher hatte das Bistum zu dem Fall erklärt, der Geistliche habe Vorwürfe eines früheren Messdieners bestritten. Laut einem Bericht des Magazins Der Spiegel soll der Priester gegenüber der Polizei jedoch eingeräumt haben, er habe den Jungen gestreichelt, das sei eine „zumindest moralische Verfehlung“ gewesen. Das Ermittlungsverfahren wurde wegen Verjährung eingestellt, doch darüber, dass der Pfarrer eine Gefahr darstellen könnte, soll ein Kommissar das Bistum Trier telefonisch informiert haben. Das Bistum soll sich daraufhin sogar über den Polizisten beschwert haben. Eine Sprecherin des Bistums Trier wiederholte nun eine frühere Erklärung, dass bei der Bearbeitung des Falles „Fehler passiert“ seien. Erst 2015 wurde der Geistliche beurlaubt. Bischof von Trier war 2006 der heutige Münchner Erzbischof Reinhard Marx.
Das Bistum steht wegen des Falls in Freisen (Saarland) seit längerem öffentlich in der Kritik und räumte bereits in der Vergangenheit Fehler ein. So soll der damalige Bischof Reinhard Marx bereits 2006 über die Vorwürfe und das Ermittlungsverfahren informiert gewesen sein, aber – trotz anderslautender kirchlicher Richtlinien – weder die Akten der Staatsanwaltschaft angefordert noch mit dem Betroffenen gesprochen haben. Der Beschuldigte arbeitete bis 2015 weiter als Priester. Erst danach ging das Bistum – nach weiteren Anzeigen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen – aktiv gegen ihn vor. Seit 2018 wird der Fall außerdem vom übergeordneten Kirchengericht in Köln untersucht.
Im Fall Freisen wird drei heutigen Bischöfen vorgeworfen, verschiedene Fehler begangen zu haben. Genannt werden Marx als Bischof von Trier (2002-2008), sein Nachfolger Stephan Ackermann und dessen damaliger Generalvikar Georg Bätzing (2012-2016), heute Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Die Bistümer München, Trier und Limburg hatten bereits im April, nach Veröffentlichung von Recherchen der Zeit-Beilage Christ & Welt zu dem Fall mitgeteilt: „In der Tat sind im Verlauf der Bearbeitung dieses Falles Fehler passiert, sowohl im Umgang mit Betroffenen als auch in der Handhabung der Bearbeitung.“
Das Bistum Trier teilte am Freitag in einer Stellungnahme zum Spiegel-Bericht mit: „Die Reportage zeigt an mehreren Stellen auf, dass Verantwortliche in unserem Bistum nicht angemessen gehandelt und Fehler gemacht haben. Dies gilt für den Umgang mit Betroffenen und auch bei der Bearbeitung der Fälle“, so Ackermann, der auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist. Er lege Wert darauf, die Fälle sexualisierter Gewalt im Bistum „mit Blick auf die systemischen Faktoren und auf Fehlverhalten von Verantwortlichen prüfen zu lassen“. Weiter verwies der Bischof auf die im Sommer vom Bistum eingesetzte unabhängige Kommission, die Missbrauch in der Diözese aufarbeiten soll. Die Aufarbeitung und Bewertung der Fälle liege in den Händen dieser Kommission. „Und ich werde mich dem Ergebnis der Untersuchung der Kommission stellen“, betonte Ackermann.