Köln – Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, hält eine Impfpflicht auch dann für sinnvoll, sollte die Impfquote in Deutschland auf über 90 Prozent steigen.
Köln – Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, hält eine Impfpflicht auch dann für sinnvoll, sollte die Impfquote in Deutschland auf über 90 Prozent steigen. Man muss laut Expertinnen und Experten davon ausgehen, dass man „sehr hohe Impfquoten“ brauche, um die Corona-Pandemie zu besiegen, wie Buyx in der Sendung „Frühstart“ von RTL/ntv am Montag sagte. Der Ethikrat habe diese Meinung bereits mit Blick auf die Delta-Variante vertreten. „Aber mit Omikron gilt das gegebenenfalls sogar noch mehr, weil es einfach so wahnsinnig ansteckend ist.“
Eine Impfpflicht sei sinnvoll, solange die Gefahr bestehe, dass „die Grundrechte von Millionen von Menschen eingeschränkt werden durch die Maßnahmen“. Trotzdem sei die Impfpflicht weiterhin nur „ein letztes Mittel“, das immer sehr gut begründet werden müsse, betonte Buyx.
Ringen um allgemeine Impfpflicht
Nach den Bund-Länder-Beratungen zur Eindämmung der Omikron-Welle geht das Ringen um eine Impfpflicht weiter. Am Freitag hatten die Ministerpräsidenten darauf gedrungen, dass es zu einer zügigen Umsetzung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht kommen solle. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte betont, dass alle 16 Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sich dazu bekannt hätten. Zugleich hält die Kritik an einer Impfpflicht an.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) forderte in der „Bild am Sonntag“ eine rasche Entscheidung. „Der Bundestag sollte schnell entscheiden, ob eine Impfpflicht eingeführt wird. Und wenn ja, für wen.“ Im Fall einer Zustimmung kündigte der Minister eine zügige Umsetzung an. Die Sorge, dass eine Impfpflicht an juristischen Einwänden scheitern könnte, habe er nicht. Buschmann will bei Verstößen Bußgelder verhängen. Aus Zeitgründen lehne er die Einführung eines Impfregisters allerdings ab.
Bundestagspräsidentin drückt bei Impfpflicht aufs Tempo
Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) machte Tempo. Sie pochte in der „Rheinischen Post“ darauf, dass die Abgeordneten sich noch im Januar in einer Orientierungsdebatte mit dem Thema befassen sollten. Eine Mehrheit der Bürger spricht sich offenbar für eine allgemeine Impfpflicht aus: Laut einer repräsentativen Insa-Umfrage für „Bild am Sonntag“ sind 61 Prozent dafür, 32 Prozent dagegen, 7 Prozent machen keine Angabe.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erwartet spürbare Effekte. „Man muss akzeptieren, dass man selbst mit der Pflicht niemals alle Menschen erreichen wird“, sagte er der „Welt am Sonntag“. „Aber ich bin davon überzeugt, dass es eine große Gruppe von Ungeimpften gibt, die wir durch die Impfpflicht zu einer Impfung bewegen können.“
Gesundheitsstaatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) sagte der „Augsburger Allgemeinen“, sie arbeite an einem Antrag mit, „der sich – den Empfehlungen der Ethik-Kommission folgend – für eine Impflicht ab 18 Jahren ausspricht“. Eine abgrenzende Impfpflicht, beispielsweise für Menschen ab 60 Jahren, lehnte Dittmar ab.
Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm äußert Vorbehalte
Er sei „für eine gestaffelte und selektive Impfpflicht“, sagte der FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstag). Der Professor für Infektiologie arbeitet federführend mit anderen Liberalen an einem entsprechenden Gruppenantrag, der eine selektive, altersbezogene Impfpflicht ermöglicht – etwa für Menschen ab 50 Jahren. „Das ist aber bislang nur eine Überlegung.“ Ullmann schloss nicht aus, dass die Debatte vorzeitig endet: „Es kann sein, dass Omikron in den nächsten Wochen weltweit so wütet, dass aus der Pandemie eine Endemie wird. Dann erübrigt sich die Debatte über eine Impflicht.“
Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, warnte vor einer vorschnell eingeführten Pflicht. Im SWR Tagesgespräch sagte sie: „Eine Impfpflicht ist nichts, was kurzfristig hilft, sondern das braucht mehrere Monate. Deswegen ist das gar nicht schlecht, sich jetzt die Zeit zu nehmen und wirklich sorgfältig die Argumente dafür und dagegen abzuwägen.“
Der evangelische bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm äußerte Vorbehalte gegen eine allgemeine Impfpflicht. „Zum jetzigen Zeitpunkt könnte ich dafür nicht die Hand heben“, sagte der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beim „Sonntags-Stammtisch“ im Bayerischen Fernsehen. Zu vieles sei noch nicht geklärt. Er betonte, dass eine Impfpflicht als „letztes Mittel, wenn nichts anderes mehr hilft“, ethisch geboten sein könne.