Bericht: Neuer Missbrauchsfall belastet katholische Kirche

Eine aktuelle Recherche von Correctiv und Bayerischen Rundfunk zeigt laut gemeinsamer Voranmeldung einen bisher unbekannten Missbrauchsfall durch den Priester Peter H.
Eine aktuelle Recherche von Correctiv und Bayerischen Rundfunk zeigt laut gemeinsamer Voranmeldung einen bisher unbekannten Missbrauchsfall durch den Priester Peter H.

–Symbolfoto: Pexels /Pixabay

Kommende Woche steht mit dem zweiten Münchner Missbrauchsgutachten eine brisante Veröffentlichung an. Der Fall des aus dem Bistum Essen stammenden Priesters Peter H. wird hierbei ein zentrale Rolle spielen. Eine aktuelle Recherche von Correctiv und Bayerischen Rundfunk zeigt nun laut Angaben der Vorabmeldung einen bisher unbekannten Missbrauchsfall. Demnach ließ die Kirche H. trotz Kenntnis seiner früheren Straftaten nicht nur unbehelligt mit Kindern arbeiten, sondern vertuschte Hinweise auf neue Übergriffe.

Auch Rolle von Joseph Ratzinger im Blick

Ein Opfer berichtet den Angaben zu Folge erstmals, wie er als Kind Anfang der 1990er-Jahre von Peter H. in der bayerischen Gemeinde Garching an der Alz über mehrere Jahre missbraucht wurde. Der Fall H. zählt zu den gravierendsten Missbrauchs-Skandalen innerhalb der katholischen Kirche: Vorwürfe wegen sexualisierter Gewalt gegen Kinder gegen den aus Gelsenkirchen stammenden Geistlichen sind seit den späten 1970er-Jahren aktenkundig. Die katholische Kirche versetzte den Pfarrer mehrfach in immer neue Gemeinden. Seiner Aufnahme im Erzbistum München-Freising stimmte 1980 auch der damalige Erzbischof und spätere Papst Joseph Ratzinger zu. Dieser bestreitet bislang aber, Kenntnis von den gegenüber H. erhobenen Vorwürfen gehabt zu haben.

Schon zu Beginn des Missbrauchsskandals im Jahr 2010 stand die Person des damals amtierenden Papstes im Fokus. Selbst die New York Times berichtete ausführlich. Konkret geht es dabei um den Umgang mit einem Priester, dem besonders viele Taten zugeschrieben werden. Peter H. kam 1980 aus dem Bistum Essen, um in Bayern eine Therapie zu machen, nachdem er bereits als Kaplan übergriffig geworden war. Doch kurze Zeit nach seinem Wechsel an die Isar wurde er erneut in der Seelsorge eingesetzt – und erneut übergriffig. Insgesamt 29 Betroffene sind in München und Essen mittlerweile aktenkundig. Es könnten durchaus noch mehr sein, heißt es.

Selbst als H. 1986 vom Amtsgericht Ebersberg zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, hielt das die Verantwortlichen nicht davon ab, ihn wieder in einer Pfarrgemeinde einzusetzen. Erst im Jahr 2010 wurde er aus der Seelsorge abgezogen. Heute lebt er unter Auflagen im Bistum Essen. Diese würden auch kontinuierlich kontrolliert, heißt es dort. Außerdem laufe ein kirchenrechtliches Verfahren gegen den Geistlichen, das kurz vor dem Abschluss stehe, so die dortige Pressestelle.

Die Aussagen des Opfers seien besonders brisant, teilte der Sender mit, da der Missbrauch stattfand, als H. unter Aufsicht des einstigen Münchner Weihbischof Heinrich von Soden-Fraunhofen (1920-2000) stattfand. Soden-Fraunhofen betreute sieben Jahre zusammen mit H. gemeinsam die Gemeinden Garching an der Alz und Engelsberg. Er sei über die Gefährlichkeit des Priesters H. informiert gewesen, habe aber offenbar nicht die Kinder, sondern den Täter geschützt, urteilen die Rechercheure von Correctiv und BR.

Opfer-Anwalt kündigte Schritte gegen Bischöfe an

„Das ist allen bekannt gewesen, auch in der Kirche. Diesen verurteilten und untherapierbaren Mann dann wieder in eine Gemeinde zu schicken und mit so vielen Kindern und Jugendlichen arbeiten zu lassen, das macht einen einfach nur fassungslos und ein Stück weit aggressiv“, sagte der Betroffene. Das Opfer hat nach eigenen Angaben auch mit der Münchner Rechtsanwaltskanzlei gesprochen, die im Auftrag des Erzbistums München und Freising das Gutachten erstellt. Der Anwalt des Opfers hat angekündigt, gegen die Bischöfe strafrechtlich vorgehen zu wollen.

Der Bayerische Rundfunk berichtet am Mittwoch, 12. Januar, über die neuen Entwicklungen im Fall Peter H. auf br24.de, im „Funkstreifzug“ (BR24 Radio) um 12.17 Uhr und im BR Politikmagazin „Kontrovers“ (BR Fernsehen) um 21.15 Uhr.

rwm

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