Nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens fordert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ein Ende „der organisierten Verantwortungslosigkeit“ in der Kirche.
Bonn – Nach der Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens fordert das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ein Ende „der organisierten Verantwortungslosigkeit“ in der Kirche. ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp kritisierte am Donnerstag in Bonn zugleich den emeritierten Papst Benedikt XVI. und früheren Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger, der Missbrauchstäter im Priesteramt belassen und immer wieder versetzt habe. Dass der emeritierte Papst in seiner aktuellen Stellungnahme offenbar nach wie vor kein Fehlverhalten einräume, sei erschreckend, so die ZdK-Präsidentin.
Sie stelle sich die Frage, ob die Kirchenleitungen ohne politischen Druck ihrer persönlichen Verantwortung gerecht würden. „Im Gegenteil vermitteln Statements von Leitungspersönlichkeiten, dass sie zu keinem Zeitpunkt Entscheidungsgewalt innegehabt hätten.“ Schuld werde nicht eingestanden, sondern vergessen oder vertuscht. Das Gutachten mache deutlich, „dass auf die Betroffenen bis 2010 keinerlei Rücksicht genommen wurde“, fügte die ZdK-Präsidentin hinzu. Aber das Ausbleiben überzeugender Strukturreformen danach zeige auch, dass rechtswidrige Verhaltensweisen bis in die Gegenwart reichten. Der Perspektivwechsel sei nach der Aufdeckung des Missbrauchsskandals schlecht gelungen. „Auch im Jahr 2022 heißt die bittere Realität: Das System der Vertuschung, des Vergessens und der schnellen Vergebung ist nicht aufgebrochen worden“, so Stetter-Karp.
Reformprozess des Synodalen Wegs am Scheideweg
Die ZdK-Präsidentin forderte eine externe Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. Sie glaube nicht mehr daran, dass die Kirche die Aufarbeitung allein schaffe. Zu zögerlich seien viele Bistümer daran gegangen, unabhängige Kommissionen einzusetzen. Es gehe nur schleppend voran. Das Münchner Gutachten belege zudem, dass unabhängige Ombudsstellen für Betroffene von sexueller Gewalt eingerichtet werden müssten und auch die Gemeinden, in denen Täter gearbeitet und gelebt hätten, in die Aufarbeitung einbezogen gehörten.
Die Präsidentin sieht deshalb den Reformprozess des Synodalen Weges, der sich in wenigen Tagen zur dritten Synodalversammlung trifft, an einem Scheideweg: „Wir brauchen klare Voten für ein Ende des Machtmissbrauchs – gerade auch von Bischöfen.“ Entscheidungen müssten zusammen mit der Basis gefunden werden. „Und es ist höchste Zeit, dass Betroffene zu Beteiligten gemacht werden.“