Der Kasseler Soziologe Heinz Bude sieht die deutsche Gesellschaft in der Corona-Pandemie in einem orientierungslosen Zustand.
Köln – Der Kasseler Soziologe Heinz Bude sieht die deutsche Gesellschaft in der Corona-Pandemie in einem orientierungslosen Zustand. Bude sagte am Samstag im Deutschlandfunk: „Die Bundesregierung und der Kanzler haben verpasst, die Deutung der Lage an sich zu ziehen, die Daten der Wissenschaft helfen nicht mehr so richtig weiter und nun fangen die Menschen an, sich ihre eigenen Regeln zurecht zu legen.“
„Wir sind gesellschaftlich auf dünnem Eis gelandet und wissen nicht, wie kalt das Wasser darunter ist“, sagte der Professor für Makrosoziologie an der Universität Kassel weiter. Er beschrieb einige Menschen als unbekümmert, andere als phlegmatisch in ihrem Umgang mit der Pandemie. Die meisten machten sich allerdings ernsthaft Gedanken über die Regeln des Zusammenlebens. Sie stimmten sich mit Familie und Bekannten darüber ab. Bude sprach von einer „lebensweltlichen Plausibilität, um sich durch die Zeit zu bringen“.
Für den Soziologen ist das ein verantwortungsvoller Umgang mit der Krise und ein Wiedergewinn von Freiheit. Dem Bundeskanzler und der deutschen Regierung machte Bude den Vorwurf, keine Vorgaben zu machen, an denen sich die Gesellschaft orientieren könne. „Die Menschen glauben auch nicht, wenn der Bundeskanzler sagt: wir wollen alle wie früher leben“, sagte Bude. Rückkehr hieße in diesem Fall, neu anzusetzen. Und diese Rückkehr müsste organisiert werden. Bude resümierte: „Wir werden zurückkehren in einen Zustand, in dem wir noch nie waren.“