Über eine „Ethik der Digitalisierung“ muss nach Worten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier weltweit debattiert werden.
Berlin – Über eine „Ethik der Digitalisierung“ muss nach Worten von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier weltweit debattiert werden. „Europa, so scheint mir, ist in diesen Tagen dabei, seinen Weg zu finden“, sagte er am Montag in Berlin. Der Bundespräsident verwies auf die jüngsten Gesetze, die auf europäischer Ebene beschlossen wurden, den Digital Services Act und den Digital Markets Act.
Steinmeier äußerte sich bei der Präsentation der Ergebnisse des Projekts „Ethik der Digitalisierung – Von Prinzipien zu Praktiken“. Mehrere Forschungsinstitute, darunter das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG), haben im Verlauf von zwei Jahren untersucht, wie der digitale Wandel unter ethischen Maßstäben bewältigt werden kann.
Dabei gehe es etwa um die Frage, wie Technologie den Menschen dienen und zu mehr Selbstbestimmung führen könne, erklärte der Bundespräsident. Auch sei zu überlegen, wie technologische Möglichkeiten genutzt werden könnten, „um Unterdrückung und Armut zu überwinden, um Bildung und Aufklärung zu verbreiten, um Umwelt und Ressourcen zu schützen“. Seine Antwort laute mit dem Philosophen Immanuel Kant: „Der technologische Fortschritt sollte den Ausgang des Menschen aus der Unmündigkeit erleichtern – und nicht der freiwillige Einstieg in neue Unmündigkeit werden.“
Deutschland und Europa hätten digitalen Nachholbedarf, fügte Steinmeier hinzu. „Wenn es um die Datenökonomie geht, um kluge digitale Geschäftsmodelle im Massenmarkt, dann sind deutsche und europäische Firmen oft Nachzügler.“ Durch die Corona-Pandemie habe es einen „kräftigen Digitalisierungs-Schub“ gegeben, dennoch bleibe auch bei der Digitalisierung des Staates „viel zu tun, von Schulen bis zu den Gesundheitsämtern“.
Wichtiger sei ihm jedoch, so der Bundespräsident: „Ethik und Innovation dürfen keine Frage von Entweder-oder sein.“ Ein guter Wettbewerb entstehe nur, wenn die Rahmenbedingungen klar gefasst seien. „Kaum jemand will doch in dystopischen Verhältnissen leben, kontrolliert von Algorithmen oder bedroht von autonomen Waffensystemen, um nur zwei Beispiele zu nennen.“ Das Nachdenken über diese Themen werde die Gesellschaft noch viele Jahre beschäftigen, betonte Steinmeier.