München: So steht das Erzbistum zum kirchlichen Arbeitsrecht

Die Rufe nach einer raschen Reform des kirchlichen Arbeitsrechts werden lauter. Doch nicht alle, die sich in der katholischen Kirche  Reformen derzeit auf die Fahne geschrieben haben, möchten offenbar deshalb auch dem öffentlichen Aufruf von elf Generalvikaren folgen. Auch nicht Kardinal Reinhard Marx.
Die Rufe nach einer raschen Reform des kirchlichen Arbeitsrechts werden lauter. Doch nicht alle, die sich in der katholischen Kirche  Reformen derzeit auf die Fahne geschrieben haben, möchten offenbar auch dem öffentlichen Aufruf von elf Generalvikaren folgen. Die Änderung des kirchlichen Arbeitsrechtes hat Kardinal Reinhard #Marx jüngst als dringlich bezeichnet. Dennoch möchte die Erzdiözese München und Freising den offenen Brief von elf Generalvikaren zum Thema offenbar nicht zu eigen machen. 

Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. –Foto: Erzbischöfliches Ordinariat München (EOM) / Lennart Preiss

Die Rufe nach einer raschen Reform des kirchlichen Arbeitsrechts werden lauter: Elf Generalvikare forderten am Montag dieser Woche einen sofortigen Verzicht auf arbeitsrechtliche Konsequenzen für queere und wiederverheiratete Mitarbeitende. Zugleich empfehlen sie, „dass alle Bischöfe, die zu einer solchen Änderung des Kirchlichen Arbeitsrechtes bereit sind, gemeinsam und mutig die nötigen Reformen für ihre Zuständigkeitsbereiche voranbringen“.

Kohlgraf gibt sich skeptisch

Außer dem Trierer Generalvikar Ulrich von Plettenberg haben den Aufruf die Generalvikare der NRW-Diözesen Paderborn, Münster und Essen unterschrieben. Zu den Unterzeichnern zählen zudem die Leiter der Bistumsverwaltungen in Berlin, Hamburg, Hildesheim, Limburg, Magdeburg und Speyer sowie der deutsche Militärgeneralvikar.

Dezidiert skeptisch äußerte sich bereits der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf zu dem Offenen Brief. Er sehe hier „die Gefahr, dass vorschnell Forderungen aufgestellt werden, die einer gründlicheren Reflexion bedürfen.“ Vielmehr sei eine sorgfältige Überarbeitung des kirchlichen Arbeitsrechts notwendig. Er könne sich nicht der Haltung anschließen, „dass jeder Aspekt des Privatlebens ohne dienstrechtliche Relevanz ist“.

Bistümer geben Garantieerklärungen ab

Der Würzburger Bischof Franz Jung hatte sich bereits in der Vorwoche in einer schriftlichen Erklärung dazu verpflichtet, dass Priester und andere kirchliche Mitarbeitende keine Konsequenzen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung fürchten müssten. Jungs Selbstverpflichtung gelte bis zur Umsetzung des Beschlusses durch die Deutsche Bischofskonferenz. Das Bistum Osnabrück folgte in dieser Woche.

Inzwischen gaben auch vier von fünf katholischen Bistümern in NRW ausdrücklich bekannt, künftig auf Kündigungen von homosexuellen Mitarbeitenden zu verzichten. Allein das derzeit von einem Übergangsverwalter geleitete Erzbistum Köln hat diesen Schritt nicht ergriffen. Die Erzdiözese verwies nach einer jüngsten Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) auf den Reformprozess Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland. Das Erzbistum Köln wolle sich „konstruktiv“ in die Diskussion zum kirchlichen Arbeitsrecht einbringen. „Niemand darf wegen seiner sexuellen Orientierung oder seiner geschlechtlichen Identität diskriminiert, abgewertet oder kriminalisiert werden“, hieß es weiter.

Marx dauert die Evaluation zu lange

Bei der jüngsten Vollversammlung des synodalen Wegs hatten mehrere Teilnehmer ausgeführt, welche Beschränkungen und Diskriminierungen die gegenwärtige Grundordnung mit sich bringe. Auch der Münchener Kardinal Reinhard Marx sagte: „Wir müssen da ran! Es ist sehr schmerzlich, wenn man da manchmal wirklich gute Leute entlassen muss.“ Ihm dauere das zu lange. „Die Evaluation sollte nach fünf Jahre passieren“, so Marx weiter.

„Ich habe mehrfach gemahnt, dass da Bewegung reinkommt“, erklärte Marx. Wer wollte, konnte dies auch als Spitze gegen den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki verstehen. Denn diesen hatte Marx kurz zuvor namentlich als Vorsitzenden der Arbeitsgruppe erwähnt, die sich um die Evaluation zu kümmern habe.

Kein Kommentar aus München

Doch wie groß ist, bei allen Bekundungen, Marx’ eigener Reformwillen? Wie positioniert er sich zu dem Offenen Brief? „Kardinal Marx und die Erzdiözese München und Freising setzen sich mit Nachdruck für eine zeitnahe Änderung der kirchlichen Grundordnung ein“, erklärte ein Sprecher Neues Ruhrwort auf Anfrage. Auch arbeite Generalvikar Christoph Klingan in der von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzten Arbeitsgruppe mit, die den Bischöfen „bald einen konkreten Vorschlag für eine geänderte Fassung der Grundordnung unterbreiten möchte“. Vor diesem Hintergrund werde „seitens der Erzdiözese“ deshalb „kein Anlass gesehen, einen offenen Brief anderer Generalvikare zu kommentieren“.

Außerdem betonte der Sprecher: „In der Erzdiözese München und Freising gilt die kirchliche Grundordnung.“ Eine Kündigung aufgrund der sexuellen Orientierung oder des Beziehungslebens ihrer Mitarbeitenden habe es in den vergangenen Jahren aber nicht gegeben. „Es sind derzeit auch keine solchen Maßnahmen vorgesehen. Die entsprechenden Themen werden bei Bedarf in vertraulichen Personalgesprächen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden erörtert“, erklärte der Sprecher Neues Ruhrwort. Eine explizite Garantieerklärung aber ist das nicht.

Bischof Oster mit Videobotschaft

Auf Gespräche setzt übrigens auch der Passauer Bischof Stefan Oster: In einer Videobotschaft wandte er sich jüngst an alle Beschäftigten in seiner Diözese, die in kirchenrechtlich irregulären Beziehungen lebten und deshalb um ihren Job bangten. Er wolle mit ihnen gemeinsam einen Weg suchen, wie sie angstfrei in unserem Bistum leben und arbeiten können“. Das kirchliche Arbeitsrecht werde in Passau schon lange nicht mehr buchstäblich ausgelegt. Nach seinem Wissen, so Oster, habe es in seiner achtjährigen Amtszeit im Bistum aus diesem Grund keine Kündigungen gegeben.

rwm