Vatikan-Symposium zur Krise des Priesteramtes

Für die katholische Kirche ist das Amt des Priesters vielleicht so wichtig wie in keiner anderen christlichen Gemeinschaft. Weswegen es seit etlichen Jahren auch intensiv diskutiert wird. Ein Kongress im Vatikan möchte dazu einiges klarstellen.
Für die katholische Kirche ist das Amt des Priesters vielleicht so wichtig wie in keiner anderen christlichen Gemeinschaft. Weswegen es seit etlichen Jahren auch intensiv diskutiert wird. Ein Kongress im Vatikan möchte dazu einiges klarstellen.

(symbolfoto: Darius Lebok/pixabay)

Nein, es soll „kein Symposium über den Zölibat“ werden. Als Kardinal Marc Ouellet, Präfekt der vatikanischen Bischofskongregation, im April vergangenen Jahres seine Idee eines internationalen Symposiums über das Priestertum vorstellte, wiegelte er vorschnelle Reformwünsche gleich ab. Bei der „Fundamentaltheologie des Priestertums“, so der Konferenztitel, gehe es um Grundsätzlicheres. Und doch geht es auch über den Zölibat und die sogenannten Frauenfrage.

Unbestrittene Krise des Priesteramts

Der wirkliche Grund, von diesem Donnerstag bis Samstag eine solche Konferenz im Vatikan abzuhalten, ist die unbestrittene Krise des Priesteramts: Inwieweit das Weiheamt in seiner bisherigen Form beizubehalten ist, steht selbst unter katholischen Gläubigen in Zweifel. Hinzu kommen Fragen aus ökumenischer Perspektive, nach der Beteiligung von Frauen, im Blick auf pastorale Engpässe.

Die Lösung der Probleme liegt, so stellte es Ouellet damals dar, weniger in einer Modifikation des Amts als in einer neuen Zusammenarbeit der unterschiedlichen Stände innerhalb der Kirche. So sei die Verbindung des allgemeinen Priestertums aller Getauften und des besonderen Weihepriestertums, wie sie das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) formuliert habe, im Leben der Kirche noch nicht angekommen.

Amazonas-Synode als Auslöser

Zum Zeitpunkt der Vorstellung hatten Ouellet und einige seiner Mitstreiter schon fast ein Jahr lang an der Vorbereitung der Mammutkonferenz gearbeitet. Auslöser für die Pläne mag die Amazonas-Synode im Herbst 2019 in Rom gewesen sein. Dort hatten erstmals ausführlicher auch Bischöfe gefordert, über andere Zugangsvoraussetzungen zum Priesteramt – Stichwort: viri probati – ebenso nachzudenken wie über andere Dienste und offizielle Beauftragungen auch von Frauen für Aufgaben in Seelsorge und Liturgie.

Laut dem kürzlich vorgelegten Programm widmet sich das Symposium nun am Samstagvormittag doch ausführlicher dem Zölibat. Nachdem Franziskus in seinem nachsynodalen Schreiben „Querida Amazonia“ weder die viri probati noch den Zölibat aufgegriffen hatte, haben beim Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland zahlreiche Gläubige wie auch etliche ihrer Bischöfe das Thema wieder auf den Tisch gelegt.

Auch die sogenannte Frauenfrage steht auf dem Programm

Die jüngsten Papiere und die hohe Zustimmungsquote, mit denen diese in den Frankfurter Messehallen verabschiedet wurden, sind eine klare Ansage. Die – das darf man erwarten – wird in der vatikanischen Audienzhalle sicher aufgegriffen, diskutiert und gekontert werden. Aber auch die sogenannte Frauenfrage steht auf dem Programm. Am Freitagnachmittag sprechen drei Frauen über „Die Frau und die Ämter, status quaestionis“.

Darunter sind die kommissarische Co-Leiterin des Entwicklungsdikasteriums, Schwester Alessandra Smerilli, und die römische Fundamentaltheologin Michelina Tenace von der Päpstlichen Universität Gregoriana. Tenace, Konsultorin der Glaubenskongregation, gehört zum Vorbereitungsteam des Symposiums und stellte damals schon klar, dass Veränderungen nicht „von kulturellem Druck diktiert“ werden könnten.

Von Synodalität die Rede

Um das Symposium in das Pontifikat von Franziskus einzubetten, ist im Programm viel von Synodalität die Rede – auch diese ein Anliegen des Zweiten Vaticanums, das wie das Priestertum aller Gläubigen noch nicht in der ganzen katholischen Welt angekommen ist. War bisher von einem Auftritt des Papstes nicht die Rede, so eröffnet nun Franziskus die Konferenz persönlich. Mit einem ausführlichen Vortrag über „Glaube und Priestertum heute“. Inwieweit er dabei die Marschrichtung vorgibt? Man wird sehen.

Dass er den priesterlichen Zölibat schätzt und nur sehr ungern als unbedingte Zugangsvoraussetzung fürs Priesteramt aufgeben würde, hat er schon gesagt. Pastorale Perspektiven sieht er eher in neuen Formen der Beauftragung von Frauen und männlichen Laien. Vor allem aber in einem entschiedeneren missionarischen Einsatz aller Getauften – ob Priester, Eheleute, junge Menschen oder Ordensleute. Ihm ist Evangelisierung mit Kreativität und dem jeweiligen Charisma wichtiger als dogmatisch klar definierte Amtstheologie oder Strukturdebatten.

Warum hat ausgerechnet Ouellet den Kongress initiiert?

Letztere darf man auch vom Symposium kaum erwarten. Das legen Programm wie Referenten nahe. Eher wird es um Themen wie das „mystische Wesen“ des Priestertums gehen. Um Kirchengeschichte, Christologie – aber auch Ökumene, zu der sich der zuständige Kurienkardinal Kurt Koch äußern soll. Neben ihm und Ouellet kommen noch die Kurienkardinäle Giuseppe Versaldi (Bildung), Kevin Farrell (Laien) und Jose Tolentino de Mendonca (Archiv und Päpstliche Bibliothek) sowie die Kurienerzbischöfe Arthur Roche (Liturgie) und Lazarus You Heung-sik (Klerus) zu Wort.

Warum ausgerechnet Ouellet den Kongress initiiert hat? Als eher konservativer Theologe und Kurialer will er sicherlich aus seiner Sicht kurzsichtigen Lösungsvorschlägen zur Krise des Priesteramts entgegentreten. Andererseits ist ihm diese Krise nicht nur wegen seiner langjährigen Erfahrungen in Lateinamerika durchaus bewusst. Maßgeblich mit vorbereitet und durchgeführt wird das Symposium vom „Zentrum für die Erforschung und die Anthropologie der Berufungen“ mit Sitz in Frankreich. Diesem gehören eine Reihe französischer und italienischer Theologen und Theologinnen an. Sie treten auch als Redner in der Audienzhalle auf.

Von Roland Juchem (KNA)