Papst Franziskus und weitere hohe Kirchenvertreter sind tief besorgt über eine mögliche Eskalation des Russland-Ukraine-Konflikts.
Bonn/Vatikanstadt – Papst Franziskus und weitere hohe Kirchenvertreter sind tief besorgt über eine mögliche Eskalation des Russland-Ukraine-Konflikts. „Trotz aller diplomatischen Bemühungen eröffnen sich Szenarien, die immer alarmierender werden“, beklagte das Kirchenoberhaupt am Mittwoch im Vatikan. Franziskus ermahnte die politisch Verantwortlichen zu einer „ehrlichen Gewissenserforschung“ und rief alle auf, am kommenden Aschermittwoch einen Fastentag für den Frieden abzuhalten. Die „Königin des Friedens“ bewahre vor dem „Wahnsinn des Krieges“, so der Papst.
Der Kardinalsrat des Papstes hat bei seinem ersten Treffen in diesem Jahr auch über internationale Krisen gesprochen. Dies teilte das vatikanische Presseamt am Mittwochabend mit. In einer zweiten Arbeitseinheit ging es der Mitteilung zufolge um die Rolle vatikanischer Diplomatie in der aktuellen internationalen Situation. Ein besonderes Augenmerk habe der Rolle der päpstlichen Nuntien im Blick auf Politik und Kirche gegolten.
Ukrainischen Religionsgemeinschaften richten dringenden Friedensappell an Putin
Die Oberhäupter fast aller ukrainischen Religionsgemeinschaften richteten unterdessen einen dringenden Friedensappell an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Wir bezeugen verbindlich und einstimmig, dass das ukrainische Volk keinen Krieg will, und wir halten es für eine gemeinsame Pflicht der Gläubigen, ihn zu beenden, bevor es zu spät ist“, wandten sich die Mitglieder des Gesamtukrainischen Rates der Kirchen und Religionsgemeinschaften am Mittwoch an den Kremlchef. Sie bieten Putin an, zu einem friedensstiftenden Dialog beizutragen. Es gehe ihnen um den „Abbau der Spannungen zwischen unseren Staaten“ und die „Wiederherstellung des Friedens“.
Dem Gremium gehören 16 Glaubensgemeinschaften an, christliche, jüdische und islamische. Damit repräsentiert der Rat insgesamt mehr als 95 Prozent der religiösen Gemeinden in der Ukraine. Auch die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats unterstützte den Appell an Putin und berichtete über ihn auf ihrer Internetseite. Die russlandfreundliche Kirche hatte zuletzt noch darauf verzichtet, Moskau direkt für den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine verantwortlich zu machen.
„Wir sind ein Volk, das den Frieden liebt“
Der Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk rief zur Verteidigung der Ukraine auf. „Wir sind ein Volk, das den Frieden liebt. Und gerade deshalb sind wir bereit, ihn zu verteidigen und für ihn zu kämpfen“, betonte das Oberhaupt der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine in einer auf dem Onlineportal der Kirche veröffentlichten Botschaft. Es gehe um die Unabhängigkeit, territoriale Integrität und Souveränität des ukrainischen Staates, so der Großerzbischof von Kiew-Halytsch.
Der Erzbischof der westukrainischen Diözese Lviv (Lemberg) Mieczyslaw Mokrzycki sagte bei einem Besuch in Münster: „Wir hatten die Hoffnung, dass es nicht zu einer russischen Intervention kommt“. Nun mache es ihm „große Angst“, dass es zu einem Krieg kommen könne. In der Westukraine bereiteten sich Regierung und Kirche auf die Versorgung möglichst vieler Flüchtlinge vor.
Patriarch Kyrill I. gratuliert hingegen Präsident Putin
Nach Wochen des Schweigens gratulierte das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., hingegen Präsident Putin zum „Tag des Verteidigers des Vaterlandes“. Ohne auf den Konflikt einzugehen, betonte Kyrill auf der Website des Patriarchats, dass Eigenschaften wie „glühende Liebe zum Vaterland und Bereitschaft zur Selbstaufopferung“ jahrhundertelang das russische Volk ausgezeichnet hätten.
Die katholische Friedensbewegung Pax Christi verurteilte das russische Vorgehen und rief zu Deeskalation auf. Die Politik Putins stelle die demokratische Ordnung der Ukraine und internationales Recht infrage, heißt es in einer Erklärung des Bundesvorstandes. Pax Christi sprach sich für die Entwicklung einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur unter Einbezug Russlands und der Ukraine aus. Die Wirkung von Sanktionen müsse unter dem Aspekt des Schutzes der Bevölkerungen abgeschätzt werden.
Malteser sagen Partnern in der Ukraine ihre Unterstützung zu. Am Donnerstag soll in Trier ein Lastwagen mit etwa sieben Tonnen
Die Malteser sagten unterdessen den Partnern in der Ukraine ihre Unterstützung zu. Am Donnerstag soll in Trier ein Lastwagen mit etwa sieben Tonnen Material, darunter Zelte, Feldküchen, Rollstühle, OP-Masken und Verbandsmaterial, starten. Die Güter sollen armen, älteren und schutzbedürftigen Menschen zugutekommen sowie zahlreichen Binnenflüchtlingen, die seit der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland 2014 im Westen der Ukraine leben.