Über ein Jahr nach Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum Berlin hat auch die kirchliche Auswertungs-Kommission den Umgang von damaligen Personalverantwortlichen mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Geistliche kritisiert.
Berlin – Über ein Jahr nach Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum Berlin hat auch die kirchliche Auswertungs-Kommission den Umgang von damaligen Personalverantwortlichen mit Fällen sexualisierter Gewalt durch Geistliche kritisiert. In einem am Dienstag vorgestellten Abschlussbericht warfen die jeweils drei entsandten Mitglieder der höchsten Laienvertretung und des Priesterrats „eine nicht optimale Arbeitsmoral und unzureichendes Verantwortungsbewusstsein“ vor.
Zugleich betonte die Kommission, eine Pflichtverletzung mit Blick auf das Kirchenrecht und die Vorgaben der Deutschen Bischofskonferenz sei bei ihnen in fünf „besonders dringlichen“ jüngeren Fällen „nicht zu erkennen“. Die Leitung des Erzbistums hatte diese Fälle auf Initiative der Kommission durch die Kirchenrechtler Astrid Kaptijn (Fribourg) und Wilhelm Rees (Innsbruck) prüfen lassen. Unter den insgesamt 61 Fällen von Priestern seit 1946, die sexualisierter Gewalt an mindestens 121 Minderjährigen beschuldigt wurden, waren es die Fälle 30,39,43,48 und 58 des Gutachtens der Anwaltskanzlei „Redeker Sellner Dahs“, das auf der Internetseite des Erzbistums, wenn auch teilweise geschwärzt, veröffentlicht ist.
Bei diesen Fällen werden mehrere Mitarbeiter der Bistumsverwaltung genannt, die an der Bearbeitung der Missbrauchsfälle beteiligt waren, unter anderem die Generalvikare Roland Steinke und Tobias Przytarski sowie Kardinal Rainer Maria Woelki als Erzbischof.
Anlässlich der Vorstellung des Berichts äußerte der Verwaltungschef des Erzbistums, Generalvikar Manfred Kollig, laut Redemanuskript zugleich Verständnis dafür, dass Betroffene „denen misstrauen, die bisher als Personalverantwortliche tätig waren“. Deshalb habe Erzbischof Heiner Koch entschieden, dass Personalverantwortliche, die ihrer Verantwortung nicht immer oder nicht umfassend gerecht worden seien, „gegenwärtig und zukünftig weder in Voruntersuchungsverfahren bei Anzeigen von Missbrauch noch in die Bearbeitung von Missbrauchsfällen überhaupt einbezogen werden“.
Kollig kündigte auch an, der Erzbischof wolle gemeinsam mit ihm mit den betroffenen Personalverantwortlichen darüber sprechen, was ihnen angemessen oder geboten erscheine, „um Versäumnisse und Fehler einzugestehen und Verantwortung dafür zu übernehmen“.