Der Papstgesandte Kardinal Michael Czerny zeigt sich schockiert von dem Anschlag auf ein ukrainisches Kinderkrankenhaus.
Vatikanstadt– Der Papstgesandte Kardinal Michael Czerny zeigt sich schockiert von dem Anschlag auf ein ukrainisches Kinderkrankenhaus. „Bombenanschlag und Krankenhaus, diese beiden Worte im selben Satz lassen einen bereits erschaudern. Wenn Sie dann noch lesen, dass es um Kindermedizin geht – das ist inakzeptabel! Wir müssen diese Angriffe auf die Zivilbevölkerung stoppen“, sagte Czerny während seiner Ukraine-Reise, wie Vatican News (Donnerstag) berichtete. Dort hatte der Kardinal von dem russischen Angriff auf eine Entbindungsklinik im ukrainischen Mariupol erfahren.
Czerny, Interimsleiter der vatikanischen Entwicklungsbehörde, ist auf Geheiß des Papstes in die Ukraine gereist. Am Mittwoch besuchte er zunächst Flüchtlinge im westukrainischen Berehowe; sprach mit Menschen in einem zur Notunterkunft umfunktionierten Studentenwohnheim und im örtlichen Zentrum der Caritas. Zudem traf sich Czerny mit Vertretern verschiedener christlicher Konfessionen sowie der örtlichen jüdischen Gemeinde. „Wir sind alle schwach im Angesicht des Krieges“, so Czerny zu den Anwesenden. Dennoch bekräftigte er noch einmal die Bereitschaft des Papstes, alles für den Frieden zu tun: „Wenn Sie eine Idee haben, was getan werden kann, zögern Sie nicht, einen Vorschlag zu machen“, bat Czerny.
Der gebürtige Tscheche war über Ungarn in die Ukraine gereist. In Budapest traf er freiwillige Helfer der Caritas und Malteser. Diese kümmern sich am Bahnhof Keleti täglich um etwa 2.500 Menschen auf der Flucht aus der Ukraine. Am Nachmittag besuchte der Kardinal dort die Kirche Sankt Peter Canisius, in der die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio ihre Flüchtlingshilfe organisiert. Und er traf Ungarns stellvertretenden Ministerpräsidenten Zsolt Semjen. Ihn habe Czerny gebeten, die Willkommenskultur für ukrainische Flüchtlinge beizubehalten und auf andere Notleidende auszudehnen.
Der Bombenangriff auf die Kinderklinik in Mariupol löste weltweit Entsetzen aus. Sie fühle sich machtlos, sagte die Präsidentin des päpstlichen Kinderkrankenhause Bambino Gesu, Mariella Enoc, dem italienischen TV-Sender Rai1. „Diese Kinder haben Namen, Gesichter. Sie sind keine Kategorie, sie sind Menschen“, so Enoc. 1924 durch eine Schenkung an den Heiligen Stuhl übergegangen, zählt Bambino Gesu mit seiner Forschungseinrichtung heute zu den führenden Kinderkliniken Europas. Seit Beginn des Ukraine-Kriegs wurden einige Kinder zur weiteren Behandlung in die Klinik gebracht. Am Mittwoch hatte bereits Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin den Angriff als „nicht hinnehmbar“ verurteilt, es gebe keinen Grund, keine Motivation, so etwas zu tun.
Kinderschutzbund zu Ukraine: Gipfel mit Fokus auf Kinder nötig
Der Deutsche Kinderschutzbund fordert von Bund, Ländern und Kommunen einen Flüchtlingsgipfel mit Schwerpunkt auf die Kinder unter den geflohenen Ukrainern. „Wir werden nach den aktuellen Einschätzungen in Europa mit drei bis vier Millionen Kindern unter den ukrainischen Kriegsflüchtlingen rechnen müssen“ – mehr als je zuvor, sagte Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers der „Augsburger Allgemeinen“ (Donnerstag). „Dies wird eine Herausforderung für unser Bildungssystem, die Schulen und die Kindertagesstätten.“ Wichtig sei von Anfang an das Bemühen um Integration. „Alles was wir an Bildung und Integration leisten, wird den Kriegsflüchtlingen auch dann zugutekommen, falls sie in ihre Heimat zurückkehren“, so Hilgers. Allerdings müsse man sich darauf einstellen, dass viele Kriegsflüchtlinge möglicherweise für Jahre oder für immer in Deutschland blieben.
Politisch sei es eine der wichtigsten Fragen, den Flüchtlingsstatus für ukrainische Kinder ohne Eltern zu klären. „Besonders schnell muss geklärt werden, ob die allein ankommenden Kinder als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge anerkannt werden, damit die Finanzierung ihrer Betreuung und einer guten Unterbringung sichergestellt ist“, sagte Hilgers. Der Kinderschutz-Präsident warnte zudem vor Gefahren für ankommende Flüchtlinge: „Wir müssen rasch versuchen, die teils chaotischen Zustände an den Grenzen der Ukraine und auch am Berliner Hauptbahnhof in ein geordnetes Verfahren zu überführen, um für mehr Sicherheit für die ankommenden Frauen und Kinder zu sorgen.“
Hilgers weiter: „Wir müssen besonders aufpassen, dass Frauen und Kinder nicht in die Fänge von Menschenhändlern geraten. Dieses Risiko ist umso größer, wenn ankommende Kriegsflüchtlinge nicht registriert werden.“ 2015 seien viele unbegleitete minderjährige Kinder nach der Flucht spurlos verschwunden und teils in der Prostitution wieder aufgetaucht.