Missbrauchsbetroffener kritisiert Kardinal Müller

Der Regensburger Missbrauchsbetroffene Peter Schmitt übt scharfe Kritik am Verhalten des ehemaligen Regensburger Bischofs Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Dieser habe kein Interesse an einer wirklichen Missbrauchsaufklärung erkennen lassen, sagte Schmitt, der sieben Jahre lang der Unabhängigen Aufklärungskommission zu körperlichem und sexuellem Missbrauch im Bistum Regensburg angehörte.
Der Regensburger Missbrauchsbetroffene Peter Schmitt übt scharfe Kritik am Verhalten des ehemaligen Regensburger Bischofs Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Dieser habe kein Interesse an einer wirklichen Missbrauchsaufklärung erkennen lassen, sagte Schmitt, der sieben Jahre lang der Unabhängigen Aufklärungskommission zu körperlichem und sexuellem Missbrauch im Bistum Regensburg angehörte.

Kardinal Müller (Foto: Heselmann)

Der Regensburger Missbrauchsbetroffene Peter Schmitt übt scharfe Kritik am Verhalten des ehemaligen Regensburger Bischofs Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Dieser habe kein Interesse an einer wirklichen Missbrauchsaufklärung erkennen lassen, sagte Schmitt, der vor Kurzem aus der Unabhängigen Aufklärungskommission zu körperlichem und sexuellem Missbrauch im Bistum Regensburg ausgetreten ist. „Während meiner Arbeit im Aufarbeitungsgremium für die Missbrauchsfälle bei den Regensburger Domspatzen hatte ich versucht, mit Kardinal Müller in einen Dialog zu kommen“, berichtete Schmitt der Mittelbayerischen Zeitung (Samstag). „Ziel waren nicht Vorwürfe, sondern der Versuch, gemeinsam Lösungen zu finden, doch dies war völlig sinnlos.“ Von Beginn an aber sei zu spüren gewesen, „dass dieser Mann keinerlei Einfühlungsvermögen für das Thema Missbrauch hatte und bis heute auch nicht hat. Ich kenne keine Entschuldigung von ihm, die er in irgendeiner Art und Weise an die Opfer gerichtet hätte“.

Kardinal Müller will Fragen nicht beantworten

Der Versuch der Kontaktaufnahme sei gescheitert. „Auf ein persönliches Schreiben, das ich ihm nach Rom gesendet habe, wurde ich harsch von seinem Sekretär gemaßregelt, was mir einfällt, mich direkt an den Herrn Kardinal zu wenden“, schilderte Schmitt. „Daran habe ich gesehen, welche Denkweise in Teilen der Kirche vorherrscht.“  Müller will Fragen der Zeitung zufolge zu seiner Zeit als Bischof von Regensburg und möglichen Fehlern im Umgang mit Missbrauch weiterhin nicht beantworten. Auf einen umfangreichen Fragenkatalog der Mittelbayerischen zufolge antwortete der Kardinal nicht. Das Blatt zitiert dazu den früheren Sekretär in der Glaubenskongregation, Slawomir Sledziewski: „Sie haben Herrn Kardinal Müller eine Summe von disparaten Einzelfragen gestellt zu Fällen, die seit etwa 20 Jahren juristisch und kanonistisch abgeschlossen sind.“ Und weiter: „Die Zeit seiner Tätigkeit als Bischof von Regensburg liegt schon zehn Jahre zurück. Deshalb werden Sie verstehen, dass eine Detailbefassung ausgeschlossen ist.“

Schon bei der Aufarbeitung des Missbrauchs bei den Regensburger Domspatzen gab es Kritik an Müller. Das 2017 veröffentlichte Gutachten stellte fest, Müller habe zwar klare Worte gegenüber Missbrauch gefunden. „Dies wurde jedoch nahezu völlig überlagert durch die im Gesamtzusammenhang in dieser Form nicht zielführenden pauschalen Medienkritik.“ Aufgrund dieser Äußerungen und „der weitgehend fehlenden direkten Kontakte mit Opfern“ fand Bischof Müller nach Ansicht der Gutachter „nicht die für viele Opfer so wichtige Augenhöhe“.

Rörig: „Chance verpasst“

Auch der damalige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, kritisierte Kardinal Gerhard Ludwig Müller für dessen Umgang mit den Übergriffen bei den Regensburger Domspatzen. Es tue ihm für die Opfer „außerordentlich leid, dass Kardinal Müller jetzt erneut die Chance verpasst, empathisch und mitfühlend zu reagieren“, sagte Rörig im Juli 2017. Er vermisse „ein Signal der Wertschätzung und Anerkennung insbesondere für die Betroffenen, denen es maßgeblich zu verdanken ist, dass der Aufarbeitungsprozess nach jahrelangem Ringen jetzt eine positive Entwicklung nehmen konnte“, betonte Rörig weiter. Das wäre aus seiner Sicht auch ein „wichtiges und Mut machendes Signal für alle in der katholischen Kirche, die aktuell oder zukünftig mit Aufarbeitungsprojekten betraut sind“, sagte Röhrig seinerzeit. Zuvor hatte Müller erklärt, er sehe keinen Anlass dafür, im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Übergriffe um Entschuldigung zu bitten.

Der Vorsitzende des Unabhängigen Aufklärungskommission, der frühere Landgerichtsdirektor Horst Böhm, kündigte unterdessen an, dass das Gremium Antworten auf die Frage finden werde, welche Rolle der frühere Bischof spielte: „Wir werden mit Sicherheit bei der Aufarbeitung bis heute gehen und auch die Zeit vor Kardinal Müller wird Gegenstand der Aufarbeitung sein. Wir sind keine Aufarbeitungskommission nur für oder gar gegen Bischof Müller, aber sicher und zwar ohne Wenn und Aber auch für seine Zeit“, sagte Böhm der Mittelbayrischen Zeitung. Zum einen wolle sein Gremium die Fakten zusammentragen, also „ sexuellen Missbrauch, sexualisierte Gewalt und massive Gewalt, begangen durch Mitarbeiter der katholischen Kirche unmittelbar“, aber auch die „Behandlung derartiger Taten und Täter durch die Kirchenverwaltung“.

Rücktritt aus Gremium

Der Missbrauchsbetroffen Peter Schmitt gehörte sieben Jahre lang der Unabhängigen Aufklärungskommission zu körperlichem und sexuellem Missbrauch im Bistum Regensburg an. Das Gremium hat er nun wegen der umstrittenen Äußerungen des jetzigen Amtsinhabers, Bischof Rudolf Voderholzer, Anfang Februar bei der Vollversammlung des Reformprozesses Synodaler Wegs verlassen. Dort hatte Voderholzer erkärt, ihm komme beim Münchner Missbrauchsgutachten zu kurz, „dass 1973 die Strafrechtsreform Kindesmissbrauch nicht mehr als Verbrechen eingeschützt hat, und zwar auf der Basis von sexualwissenschaftlichen Urteilen, die davon ausgehen, dass für die betroffenen Kinder und Jugendlichen die Vernehmungen wesentlich schlimmer sind, als die im Grunde harmlosen Missbrauchsfälle“. Er verstehe nicht, wie man so einen Redebeitrag in einer Versammlung bringen kann, an der auch Missbrauchsopfer anwesend waren“, so Schmitt.

Unter dessen hat der von Papst Franziskus als Präfekt der Glaubenskongregation 2017 abberufene Kardinal Müller laut eines Berichts der Wochenzeitung Die Tagespost sich mit der Äußerung des vormaligen Präfekts des vatikanischen Wirtschaftssekretariats, George Pell solidarisiert. Dieser hatte in eine Interview gefordert, gegen die „pauschale und ausdrücklich Ablehnung der Lehre der katholischen Kirche zur Sexualethik“ durch Kardinal Jean-Claude Hollerich, Erzbischof von Luxemburg, und den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, offiziell einzuschreiten und über die beiden „ein Urteil zu fällen.“

Müller ruft zum Widerstand gegen „häretische Bischöfe“ auf

„Pell ist voll im Recht, die Glaubenskongregation, an  ihre Verantwortung zu erinnern, in der Autorität des Petrusnachfolgers gegenüber der offenen Häresie des Deutschsynodalismus die Wahrheit des Glaubens und die Einheit der Kirche Christi zu sichern“, sagte Müller der Zeitung. Weiter erklärte der Müller demnach: „Häretischen Bischöfen darf man nicht gehorchen. Jeder Katholik ist zum Zeugnis der Wahrheit ihnen gegenüber aufgefordert“. Den Synodalen Weg hatte die Deutsche Bischofskonferenz unter dem Eindruck der sogenannten MHG-Studie zum Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken auf den Weg gebracht und im März 2019 einstimmig beschlossen. 

rwm