Kilian-Thomas Semel (54), Leiter des Pfarrverbands Haar, wird zum 1. Juni Seelsorger für Betroffene sexuellen Missbrauchs im Erzbistum München und Freising.
München – Kilian-Thomas Semel (54), Leiter des Pfarrverbands Haar, wird zum 1. Juni Seelsorger für Betroffene sexuellen Missbrauchs im Erzbistum München und Freising. Das wurde am Montagabend in München bekannt bei einer Veranstaltung des Erzbistums unter dem Motto „Betroffene hören“ im Künstlerhaus. Bundesweit werde die neu eingerichtete Stabsstelle die erste dieser Art sein und er ein Teil davon, sagte Semel. Damit folge die Erzdiözese einem Wunsch des Betroffenenbeirats, dem der Geistliche angehört. Dieser wurde selbst als Ministrant von einem Priester missbraucht.
Semel sagte, trotz allem, was er erlebt habe, sei er seiner Berufung gefolgt und Priester geworden, „über alle Krisen hindurch, über alle Zweifel und Brüche hinweg gegenüber der Institution Kirche“. Er sei sich bewusst, dass er ein Teil dieser Kirche und damit auch dieser „Täterorganisation“ sei, auch wenn er letzteren Begriff nicht möge. Ein großer Teil der Priester erfülle den Beruf mit viel Menschenfreude und Herzblut. Es dürften nicht alle über einen Kamm geschoren werden.
Weltweit Opfer sexuellen Missbrauchs
Aus „eigener Kompetenz“ wolle er sich künftig mit anderen Menschen auf den Weg machen, die von Missbrauch in der Kirche betroffen seien, erklärte Semel. Der Betroffenenbeirat habe zuletzt immer deutlicher erkannt, dass viele durch das Erlebte auch ihre religiöse Heimat verloren hätten und der Glaube mitunter in Trümmern liege. Es gebe zwar Angebote, wie man Menschen mittels Therapie weiterhelfen möchte. Gefehlt habe aber eine konkrete Seelsorge; dass einer mitgehe mit dem Betroffenen und ihn in seinem Suchen und Zweifeln ernst nehme.
Mit Blick auf seine eigene Person sagte Semel, anfangs habe er gedacht, er sei der einzige Priester, dem „das“ passiert sei. Doch weltweit gebe es eine große Zahl von Geistlichen, die als Kinder und Jugendliche Missbrauchserfahrung gemacht hätten und die nun einen täglichen „Spagat“ zu bewältigen hätten. Sie seien einerseits Betroffener und zugleich Mitglied dieser Kirche. Träten sie an die Öffentlichkeit, müssten sie sich oft von Mitbrüdern als Nestbeschmutzer rechtfertigen.