In der erst 36 Jahre alten Kirche wird der letzte Gottesdienst gefeiert. Die Statue des heiligen Altfrid und seine Reliquien finden in St. Laurentius eine neue Heimat.
Essen – „Wir sind traurig. Unsere Heimat ist verloren“, sagt Rudolf Meys. Seit rund 50 Jahren hat der heute 80-Jährige zahlreiche Ehrenämtern an St. Altfrid in Essen-Freisenbruch-Süd übernommen. Im März 2020 wurde die Altfrid-Kirche geschlossen. Am vergangenen Samstag nun verabschiedeten sich die Pfarrei St. Laurentius und Katholiken in Freisenbruch von dem Gotteshaus. Es war die einzige Kirche im Bistum Essen unter diesem Patronat.
Meys kam vor 50 Jahren mit seiner Frau aus Dorsten in den Südosten Essens. Das Altfrid-Patronat der 1985 eingeweihten Kirche ist für ihn etwas Besonderes: „Es ist gut, um den Gründer von Stift und Stadt Essen zu wissen.“ Mit Diakon Herwarth Schweres, der bis 2020 für die Katholiken auch mit einem Büro vor Ort Ansprechpartner war, traf Meys Vorbereitungen für den Tag des Abschieds.
Fast drei Kilometer lang ist der Weg, den die Gläubigen nach dem Wortgottesdienst vor der Altfrid-Kirche nach Steele zogen. In St. Laurentius feierertem sie mit Pfarrer Dr. Andreas Geßmann Eucharistie.
Abschied wird um zwei Jahre verschoben
Die pfarreigene Rikscha transportierte die große Altfrid-Figur aus der Freisenbrucher Kirche nach St. Laurentius. Auch die Reliquie des Stiftgründers fuhr mit. Beides soll einen würdigen Platz in der Pfarrkirche finden. „Der heilige Altfrid findet ja vielleicht Platz an einem Pfeiler im Kirchenschiff“, so Herwarth Schweres. Vorschläge würden aber mit der Pfarrei durchdacht und beschlossen.
Rudolf Meys weiß, dass die Schließung des erst 36 Jahre alte Gotteshauses kaum abwendbar war. „Dass ein Erhalt für die wenig gewordenen Katholiken bei uns nicht möglich war, sehen die meisten ein“, sagt Meys. „In der Pandemie gab es 2020/21 ein Jahr lang gar keinen Gottesdienst.“
Der Abschied, der nun stattfand, wurde aufgrund der Pandemie um zwei Jahre verschoben. Auch sorgte Corona dafür, dass keine große Zahl von Menschen aus Freisenbruch-Süd in der Steeler Pfarrkirche „andockte“. Meys: „Dort sind eher wenig Menschen aus St. Altfrid sichtbar.“ Meys selbst hat mit seiner Frau in St. Laurentius etwa Fuß gefasst.
Nahe St. Altfrid, dessen Zukunft noch ungeklärt ist, hat allein die Frauengemeinschaft mit rund 40 Mitgliedern Bestand. Von der gleichgroßen KAB verblieb ein Stammtisch. Der Kindergarten aber existiert. „Und er soll wohl auch ausgebaut werden“, vermutet Meys. Positives berichtet Herwarth Schweres zudem von den Streaming-Gottesdiensten in Steele. „Die gibt es seit 2020 jedes Wochenende mit über 100 Logins und vielleicht doppelt so vielen Mitfeiernden online.“ Das sage natürlich nichts über die Teilnahme von Menschen aus einzelnen Orten oder Stadtteilen aus. Der Diakon: „Es steht aber für ein Angebot, das es auch in der Krise schaffte, Menschen Gemeindebeziehungen zu ermöglichen.“
Beim letzten Wortgottesdienst vor der St.-Altfrid-Kirche konnte Pfarrer Geßmann viele Menschen begrüßen, die bereits zur Einweihung des Gotteshauses vor fast 40 Jahren zugegen waren. In den vergangenen Jahrzehnten sei dort eine Gemeinschaft gewachsen, die jetzt traurig darüber sei, dass ihre Kirche geschlossen werde. „Es ist schmerzhaft, dass wir diese Kirche nicht mehr benutzen dürfen“, so der Pfarrer von St. Laurentius. Schließlich wollten sie doch keine Kirchen schließen, sondern aufbauen.
Sicherlich sei das auch ein Grund zu „murren“, erklärte er weiter mit Blick auf den Lesungstext und das darin thematisierte Murren, das auch an anderen Stellen in der Bibel auftauche. Das Murren sei eine passive Form der Aggression, eine Art Zurückziehen in den sogenannten Schmollwinkel. Eine Reaktion, die jedoch zerstörerisch sei, meinte Geßmann, sie verhindere, „zu leben und zu lieben“. Und weiter: „Haben Sie Jesus schon mal murren gehört?“ Ihm sei jedenfalls keine Stelle bekannt, auch nicht in ausweglosen Situationen. Jesus spreche Probleme direkt an oder begebe sich demütig in die jeweilige Situation. Er bringe die Entwicklung voran und baue Beziehungen auf.
Motto „Altfrid trifft Laurentius
Ein wirksames Heilmittel gegen das Murren sei das Gebet, erklärte Geßmann, ein weiteres die Dankbarkeit. Um dankbar zurückzuschauen, seien die Gläubigen an der Kirche zusammengekommen. Er dankte in diesem Zusammenhang allen Engagierten und forderte sie auf, sich auch gegenseitig beieinander zu bedanken. Jetzt gelte es, sich auf den Weg zu machen, und sich neuen Herausforderungen zu stellen.
Nicht zuletzt stand der Vormittag unter dem Motto „Altfrid trifft Laurentius“. „Wir machen uns auf den Weg nach Laurentius in der Hoffnung, dass Gott uns begleitet und mit uns auf dem Weg ist“, erklärte Geßmann.