Denkmalschützer erheben massive Kritik: Politisches Hauruck-Verfahren

Denkmalschützer sind in Aufruhr: Sie lehnen das von der nordrhein-westfälischen Landesregierung geplante neue Denkmalschutzgesetz rundweg ab.
Denkmalschützer sind in Aufruhr: Sie lehnen das von der nordrhein-westfälischen Landesregierung geplante neue Denkmalschutzgesetz rundweg ab.. Die Kirchen werden bevorzugt.

Auch die Deutschee Stiftung Denkmalschutz protestiert gegen Verabschiedung des Denkmalschutzgesetzes in NRW –Foto: DSD

Das Gesetzesvorhaben will die nordrhein-westfälische Landesregierung auf den letzten Metern der auslaufenden Legislaturperiode noch durchbringen: Das vor mehr als 40 Jahren im Kraft getretene Denkmalschutzgesetz soll völlig neu aufgelegt werden. Der mehrfach überarbeitete Entwurf aus dem Haus von Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) wurde erst Anfang Februar in den Landtag eingebracht und soll schon an diesem Mittwoch verabschiedet werden.

Politisches Hauruck-Verfahren

Denkmalschützer äußern massive Kritik – werfen der schwarz-gelben Landesregierung ein politisches Hauruck-Verfahren und eine Aufweichung des Denkmalschutzes vor. Und auch die im Gesetz neu formulierten Regelungen für die Kirchen und ihre Denkmäler stoßen auf Ablehnung. Dagegen begrüßen die Interessenvertretungen etwa der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, der kommunalen Unternehmen, der Bauingenieure und die Kirchen die geplante Reform.

Scharrenbach will Denkmal-Eigentümern entgegenkommen, indem Baumaßnahmen schneller genehmigt und leichter an moderne Erfordernisse angepasst werden können. Ihre Argumentation: Das historisch-kulturelle Erbe lasse sich nur dann für die nächsten Generationen sichern, wenn es auch für heutige Zwecke genutzt werde. Ausdrücklich heißt es im Entwurf, dass beim Denkmalschutz auch Belange des Wohnungsbaus und des Klimas sowie der Einsatz erneuerbarer Energien und Barrierefreiheit zu berücksichtigen seien.

Denkmalschützer befürchten Verlust der Originalsubstanz

Eine Photovoltaikanlage auf dem Burgendach oder eine Dämmung an einer Gründerzeitfassade – Organisationen wie die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) befürchten einen Verlust der Originalsubstanz. Insgesamt bildeten die rund 80.000 Baudenkmäler in NRW doch nur 1,5 Prozent des gesamten Gebäudebestandes. Damit stünden für die Nutzung der Solarenergie viele andere Gebäude zur Verfügung. DSD-Vorstand Steffen Skudelny befürchtet: „Das Denkmalschutzgesetz wird zum Denkmalnutzgesetz.“

Auf großen Unmut stößt auch eine Verschiebung der Kompetenzen. Erste Ansprechpartner von Denkmal-Eigentümern sind die Unteren Denkmalbehörden (UDB) bei den 396 Städten und Gemeinden. Über Unterschutzstellungen oder Baumaßnahmen haben sie bislang „im Benehmen“ mit den Denkmalfachämtern entschieden, die bei den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen angesiedelt sind. Das Votum der dortigen Experten ist in der Praxis bislang ausschlaggebend. Scharrenbach will das ändern und die UDB selbst entscheiden lassen – und zwar nur nach Anhörung der Denkmalbehörden.

Kirchen werden bevorzugt

Die Landschaftsverbände wurmt, dass ihre Expertise „ungenutzt bleibt“. Dagegen fehle den Kommunen oft die personelle Ausstattung und fachliche Kompetenz. Zudem könnten von Investoren geprägte Interessen der Stadtentwicklung den Denkmalschutz aushöhlen. Aus Sicht der Stiftung Denkmalschutz werden die unabhängigen Fachämter der Landschaftsverbände marginalisiert und eine „verwertende Denkmalpflege“ favorisiert.

Weiter wirft die Stiftung der Landesregierung vor, die Kirchen zu bevorzugen. Wenn ein Gotteshaus gegen ihren Willen als Denkmal eingetragen werden soll, kommt den Kirchen nach dem Entwurf das Recht zu, die Oberste Denkmalbehörde – also das Bauministerium – einzuschalten. Dieses entscheidet dann nach Mitwirkung durch einen neu zu gründenden Sakralausschuss, dem neben Experten von Denkmalbehörden und -fachamt auch Kirchenvertreter angehören. Die Denkmalschutz-Stiftung befürchtet, dass die unter Mitgliederschwund und einer wachsenden Überzahl an Gotteshäusern leidenden Kirchen künftig mehr oder weniger selbstständig darüber entscheiden, was denkmalwürdig ist oder nicht.

Lobbyarbeit der Kichen

Die fünf katholischen Bistümer und drei evangelischen Landeskirchen in NRW betonen dagegen, dass ihre Bauabteilungen große Expertise in Sachen Denkmalschutz mitbringen. Von den landesweit rund 5.200 Kirchengebäuden seien bereits die Hälfte Baudenkmale, für die die Konfessionen erhebliche finanzielle und personelle Mittel aufwendeten.

Die Kirchen kritisieren, dass die Landesämter die Gotteshäuser im Zweifel eher als denkmalwürdig einordnen – und die finanziellen Folgen nicht zu tragen seien. „Erforderliche Umbaumaßnahmen, Folgenutzungen oder auch die Veräußerung sind in diesem Fall erheblich erschwert.“ Daher sei künftig das „Kriterium der wirtschaftlichen Zumutbarkeit“ anzuerkennen. Sie sehen das Gesetz auch als Erfolg ihrer Lobbyarbeit – und wohl auch als Chance, sich leichter von ihren unliebsam gewordenen Kirchengebäuden zu trennen.

rwm/kna