Bei einem Friedenstreffen in der westukrainischen Stadt Tschernowitz haben Vertreter verschiedener Religionen den Krieg gegen die Ukraine verurteilt.
Tschernowitz/Vatikanstadt – Bei einem Friedenstreffen in der westukrainischen Stadt Tschernowitz haben Vertreter verschiedener Religionen den Krieg gegen die Ukraine verurteilt. Zugleich wollten sie mit ihrem Besuch den Menschen dort Trost und Solidarität vermitteln. Zu den Teilnehmern gehörten der frühere Erzbischof von Canterbury und Ehrenprimas der Anglikaner, Rowan Williams, der ehemalige Großmufti von Bosnien und Herzegowina, Mustafa Ceric, sowie der Generalminister des Franziskanerordens, Massimo Fusarelli.
In einer verlesenen Grußbotschaft von Papst Franziskus hieß es: „Die gegenwärtige Zeit beunruhigt uns zutiefst, denn sie ist geprägt von den Mächten des Bösen.“ Das Leid so vieler schwacher und wehrloser Menschen, „die vielen massakrierten Zivilisten und die unschuldigen Opfer unter Jugendlichen, die verzweifelte Lage von Frauen und Kindern“ verpflichteten dazu, „nicht zu schweigen, nicht gleichgültig zu bleiben“.
Angesichts der Gewalt Kains und des Schreis Abels gelte es, „im Namen Gottes das Ende dieser abscheulichen Handlungen zu fordern“, so der Papst mit Blick auf die biblische Erzählung vom Brudermord. Krieg sei immer das Versagen von Politik und Menschlichkeit, so Franziskus. Rowan Williams griff die Geschichte von Kain und Abel auf. Indem er seinen Bruder ermordete, habe Kain auch einen Teil seiner Menschlichkeit verloren. „Der Angreifer wendet die Gewalt auch gegen sich“, sagte der anglikanische Geistliche. Daher wolle man um Frieden für Opfer wie Täter beten. Ähnlich wie Franziskus benannte keiner der Redner Russland oder dessen Präsidenten Wladimir Putin namentlich.
Mustafa Ceric überbrachte den Menschen in der Ukraine Solidaritätsgrüße aus Sarajewo. „Wir wissen, was Sie derzeit durchmachen“, sagte der Bosniake unter Anspielung auf die viereinhalbjährige Belagerung der Stadt durch bosnische Serben von 1992 bis 1996. Der griechisch-katholische Erzbischof Nikitas Lulias warnte die internationale Gemeinschaft wie auch die Gläubigen der verschiedenen Religionen vor Gleichgültigkeit.
Organisiert war das Treffen im Theater von Tschernowitz nahe der rumänischen Grenze vom Elijah Interfaith Institute mit Sitz in Israel und USA. Moderiert wurde es vom Gründer des Instituts, Rabbi Alon Goshen-Gottstein. Vertreten waren neben dem anglikanischen, katholischen und griechisch-orthodoxen Christentum, Islam und Judentum auch Hinduismus und Buddhismus.
In den Tagen zuvor hatte die internationale Delegation in der Stadt ukrainische Binnenflüchtlinge getroffen und sich von ihnen berichten lassen. Gäste der knapp zweistündigen Veranstaltung mit Chorgesang, Meditationen und kurzen Ansprachen, die auch im Internet übertragen wurde, waren zumeist ältere Menschen und Frauen.