Mit Pop-Songs, einem Chor ganz in Weiß und einer großen Show-Bühne hat der Privatsender RTL die Geschichte von Tod und Auferstehung Jesu in Essen inszeniert.
Essen – Mit Pop-Songs, einem Chor ganz in Weiß und einer großen Show-Bühne hat der Privatsender RTL die Geschichte von Tod und Auferstehung Jesu in Essen inszeniert. Pünktlich um 20.15 Uhr startete am Mittwoch die Aufführung auf dem Burgplatz, die live ins Fernsehen übertragen wurde. Bei trockenem Wetter war der Platz direkt neben dem Essener Dom gut gefüllt. RTL hatte die rund 4.800 Karten kostenlos abgegeben.
Kein Gottesdiesnst, aber mit spiritueller Tiefe
Zu sehen bekam das Publikum den Gewinner der ersten Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“, Alexander Klaws (38), als Jesus, die Schauspieler Mark Keller (56) und Henning Baum (49) als Judas und Pontius Pilatus sowie Sängerin Ella Endlich (37) als Mutter Maria. Entertainer Thomas Gottschalk (71) führte als Erzähler durch das Programm. Anders als in der Bibel zählten zu Jesu „Freunden“, den zwölf Aposteln, auch Frauen.
Gottschalk hatte zwar schon in der ersten Viertelstunde des Programms gleich mehrfach erklärt, dass die Show aus Essen „kein Gottesdienst“ sei, hier „niemand die Hände faltet“ und „kein Weihrauchfass“ geschwenkt werde. Aber eine spirituelle Tiefe kann „Die Passion“ über weite Strecken nicht leugnen – und will dies wohl auch nicht. Die Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu sei „eine Geschichte, die unsere Kultur geprägt hat“ und die einem nahe gehe, „egal ob man gläubig ist oder der Kirche schon den Rücken gekehrt hat“, so Gottschalk.
Jesus reitet nicht auf dem Esel
Und diese Geschichte verlegt „Die Passion“ ins Essen des Jahres 2022: Jesus reitet nicht auf einem Esel, sondern nimmt mit seinen Freunden den Linienbus. Zudem begleiten ihn nicht zwölf Jünger, sondern eine Clique aus jungen Frauen und Männern, wie man sie am Wochenende auch in einem Restaurant in Essen-Rüttenscheid treffen könnte.
Während über weite Strecken nur Gottschalk und Ella Endlich auf der großen Bühnenlandschaft auf dem Burgplatz spielen, werden die wesentlichen Episoden über Einspielfilme erzählt, die in verschiedenen Essener Stadtteilen spielen. Dabei sind wesentliche Dialoge Bibel-Originalton. „Die klassische Bibelübersetzung ist wie ein roter Faden der Geschichte, aber gleichzeitig auch eine Provokation“, sagte der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der die Show ebenfalls am Burgplatz verfolgt. Die jahrhundertealte Sprache der Bibel sei ein auffälliger Kontrast in der ansonsten sehr modern gehaltenen Inszenierung.
Menschen tragen sechs Meter langes Kreuz durch die Essener Innenstadt
Parallel zur Bühnen-Show trugen Gruppen von je 20 Menschen ein sechs Meter langes Kreuz durch die Essener Innenstadt. Insgesamt 100 Personen waren daran beteiligt, das 250 Kilo schwere, leuchtende Objekt zum Burgplatz zu bringen.
„Die Geschichte auf Neu gemacht – das ist ja doch mal was anderes als in der Kirche“, sagte Zuschauer Jörn Metschies der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Das habe er sich ansehen wollen. Die Umsetzung der Bibelgeschichte interessierte auch Günther Kluge, ebenfalls aus Essen. Seine Frau Cornelia fügte hinzu, sie wolle einmal die Leute aus dem Fernsehen von Nahem sehen.
Kirche begleitet „Die Passion“ mit Rahmenprogramm
Die katholische und evangelische Kirche begleiteten die Show mit einem Rahmenprogramm. „Das ist eine gute Gelegenheit, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen“, sagte die Duisburger Gemeindereferentin Christa Scholten-Herbst, die mit anderen Seelsorgenden in der Essener Innenstadt für Gespräche mit Passanten bereitstand. Zugleich zeigt sie sich skeptisch, ob die Geschichte von Tod und Auferstehung Jesu tatsächlich genug Menschen interessiere. „Das merken wir ja bei uns in den Kirchen. Die werden immer leerer“, sagte sie.
In den Niederlanden ist das Format seit Jahren bekannt. „The Passion“ findet diesen Donnerstag bereits in seiner zwölften Ausgabe statt – diesmal in der Stadt Doetinchem unweit der deutschen Grenze. Macher ist der Sender KRO-NCRV, der aus den christlichen Rundfunkgesellschaften Katholieke Radio Omroep (KRO) und Nederlandse Christelijke Radio Vereniging (NCRV) hervorging. Im Nachbarland erzielt „The Passion“ regelmäßig hohe Einschaltquoten.
Gibt es eine zweite Auflage?
„Das Ereignis berührt mich und ganz viele, durch die Verbindung von Text mit Bildern und Musik, die sehr Unterschiedliches in einem anrühren und den Versuch machen, diese Geschichte wirklich im Heute zu erzählen“, sagte Bischof Overbeck „Mich selbst haben die aufmerksamen Menschen bewegt, die dabei waren – und natürlich die wunderbare Szene vor unserem Dom“.
Ob es die so noch ein zweites Mal geben wird, ist indes offen. In den Niederlanden läuft „Die Passion“ jedes Jahr in einer anderen Stadt. Ob es nach der Deutschland-Premiere überhaupt eine zweite Auflage gibt, dürfte wohl auch davon abhängen, ob die Show nicht nur beim begeisterten Publikum auf dem Essener Burgplatz, sondern auch vor den Bildschirmen Erfolg hatte.