Der ehemalige EKD-Vorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hält Waffenlieferungen an die Ukraine für moralisch vertretbar.
Freiburg – Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hält Waffenlieferungen an die Ukraine für moralisch vertretbar. Es sei legitim, sich gegen einen Angriffskrieg mit Waffen zu verteidigen, schreibt der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in einem Beitrag für die neue Ausgabe der in Freiburg erscheinenden Herder Korrespondenz. „Ebenso legitim ist es, ein angegriffenes Volk unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in seiner Verteidigung zu unterstützen, etwa durch Lieferung entsprechender Waffen.“
Militärische Gewalt sei nie „gerecht“, sondern „schrecklich“. Aber es könne auch Situationen geben, in denen der Verzicht auf sie „noch schrecklicher“ sei; deshalb müsse die Reflexion des Umgangs mit faktischer militärischer Aggression innerhalb der evangelischen Friedensethik „weiterentwickelt“ werden. Das betont Heinrich Bedford-Strohm angesichts der jüngsten Kritik an der evangelischen Friedensethik.
Nie habe sie allerdings eine „unpolitische Ausprägung entwickelt, die sich den Dilemmafragen konkreten politischen Handelns einfach entziehen würde“, so Bedford-Strohm. Grundlage sei die Einsicht, dass Gewalt nie Frieden schaffe, sondern bestenfalls Räume dafür wieder öffnen könne, dass er sich entwickeln kann. Das ändere im Übrigen nichts daran, dass die „drastische Unterfinanzierung ziviler Möglichkeiten, menschliches Leben zu retten, ein moralischer Skandal“ sei.
Bedford-Strohm sieht angesichts des russischen Angriffskrieges auch Reformbedarf bei der evangelischen Friedensethik. „Ihre Reflexion des Umgangs mit faktischer militärischer Aggression bedarf der Weiterentwicklung“, unterstreicht er. Es herrsche „in der evangelischen Friedensethik eine große Nachdenklichkeit“. Das Bewusstsein sei groß, dass „eine bloße Berufung auf die Gewaltlosigkeit Jesu jedenfalls dann nicht ausreicht, wenn sie aus einer eigenen sicheren Position heraus anderen gravierende Opfer, vielleicht das Opfer des eigenen Lebens, abverlangen würde“.