Theologen: Kein Frieden ohne Bestrafung von Tätern

Die evangelischen Theologen Gabriele Scherle und Peter Scherle haben das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung betont.
Frankfurt – Die evangelischen Theologen Gabriele Scherle und Peter Scherle haben das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung betont. "Wer meint, die Ukrainer müssten aufhören, ihr Land zu verteidigen, damit es Frieden gebe, stellt eine geradezu obszöne Forderung", schreiben sie in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch). Angesichts des russischen Angriffskriegs und Verbrechen wie in Butscha sei vielmehr "der Ruf nach dem Internationalen Gerichtshof" angemessen.

Bild von Sang Hyun Cho auf Pixabay

Die evangelischen Theologen Gabriele Scherle und Peter Scherle haben das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung betont. „Wer meint, die Ukrainer müssten aufhören, ihr Land zu verteidigen, damit es Frieden gebe, stellt eine geradezu obszöne Forderung“, schreiben sie in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch). Angesichts des russischen Angriffskriegs und Verbrechen wie in Butscha sei vielmehr „der Ruf nach dem Internationalen Gerichtshof“ angemessen.

Ohne Bestrafung der Täter könne es keinen Frieden geben, argumentieren die Theologen. Im juristischen Zusammenhang gehe es darum, „die Täterin oder den Täter nicht aus der Rechtsgemeinschaft zu stoßen, sondern gerade haftbar zu machen.“ Nur so könne ein Zusammenleben von Tätern und jenen, die Opfer geworden seien, wieder möglich werden. „Das geschehene Leid kann nicht wiedergutgemacht werden. Jedenfalls nicht mehr durch die menschliche Gemeinschaft“. Beide verweisen auf die Grußformel „vergelt‘ Gott“: Diese Formulierung deute an, „dass es einen Horizont menschlichen Zusammenlebens gibt, der das unabgegoltene Gute und Schlechte noch umgreift.“

Kritik üben die Wissenschaftler an unreflektierten Friedensappellen. „‚Nie wieder Krieg‘ meint dann eigentlich: Lasst uns in Ruhe mit dem Krieg.“ So habe die deutsche Erinnerungskultur auch dazu gedient, „den eigenen Frieden mit der deutschen Schuld zu schließen“; viele hätten auf eine Versöhnung mit den Opfern gehofft. „Dass Menschen, die zu Opfern gemacht wurden, von ihrer Bitterkeit nicht lassen konnten und können, dass es gerade die Unversöhnlichkeit sein kann, die der Toten wirklich gedenkt, das ist unverstanden geblieben.“

Zudem sei die christliche Frömmigkeit „an ein harmloses Evangelium gewöhnt“ worden, so die Theologen weiter, „dem die Vorstellung vom göttlichen Gericht ganz fremd geworden ist“. Die Vorstellung von der Vergeltung Gottes sei in den vergangenen Jahrzehnten „als archaisch und patriarchal“ diskreditiert worden. „Zurück blieb der ‚liebe Gott‘, der uns nichts tut. Der uns aber auch, wie wir jetzt merken, nichts mehr bedeutet. Dieser liebe Gott hat mit der Härte des Lebens nichts zu tun. Gott kann dann nicht einmal mehr dafür angeklagt werden, dass er Verbrechen wie in Butscha duldet. Die Klage hat ihren Adressaten verloren“. Dies zeige eine „Entkernung des christlichen Gottesbildes“.

kna