Tag der Pressefreiheit: Lage in Deutschland verschlechtert

Zum Tag der Pressefreiheit am Dienstag zeigen sich Organisationen und Politiker besorgt über die Lage von Journalisten.
Berlin – Zum Tag der Pressefreiheit am Dienstag zeigen sich Organisationen und Politiker besorgt über die Lage von Journalisten. "Die Demokratie stirbt dort, wo die freie Presse unterdrückt wird. Das beobachten wir überall in der Welt - auch in Russland. Mit Zensur, Desinformation, Drohungen und roher Gewalt wird versucht, eine freie und unabhängige Berichterstattung zu verhindern", sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV).

(Symbolfoto: Andrys Stienstra/pixabay)

Zum Tag der Pressefreiheit am Dienstag zeigen sich Organisationen und Politiker besorgt über die Lage von Journalisten. „Die Demokratie stirbt dort, wo die freie Presse unterdrückt wird. Das beobachten wir überall in der Welt – auch in Russland. Mit Zensur, Desinformation, Drohungen und roher Gewalt wird versucht, eine freie und unabhängige Berichterstattung zu verhindern“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV).

„Wer Journalisten vorsätzlich tötet, begeht Kriegsverbrechen“

Auch die Journalistengewerkschaft dju in Verdi lenkte den Blick nach Russland. Die Bundesregierung müsse schnelle und unkomplizierte Aufnahmeverfahren sowie die Erteilung einer Arbeitserlaubnis für aus Russland flüchtende Medienschaffende ermöglichen, forderte Bundesvorsitzende Tina Groll. Die Gewerkschaft wolle zudem in einer Online-Video-Aktion an die im Ukraine-Krieg getöteten Medienschaffenden erinnern. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) rief für den Welttag zur Demonstration „Für Frieden und Pressefreiheit“ vor den diplomatischen Vertretungen Russlands in sechs deutschen Städten auf. „Wer Journalisten vorsätzlich tötet, begeht Kriegsverbrechen“, erklärte DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) verwies auf eine Verschlechterung der Lage der Pressefreiheit in Deutschland. In der aktuellen Rangliste der Organisation kommt Deutschland unter 180 Ländern auf Rang 16 – nach Rang 13 im Vorjahr. Für die leichte Verschlechterung seien drei Gründe zentral, hieß es: eine Gesetzgebung, die Journalistinnen und Journalisten sowie ihre Quellen gefährde, abnehmende Medienvielfalt sowie allen voran Gewalt bei Demonstrationen.

80 gewaltsame Angriffe

ROG zählte im vergangenen Jahr 80 gewaltsame Angriffe und damit so viele wie noch nie seit Beginn der Dokumentation im Jahr 2013. Bereits 2020 war mit 65 Fällen ein Negativrekord erreicht worden. Erneut hätten sich die meisten der Angriffe (52 von 80) bei Protesten des „Querdenken“-Spektrums gegen Corona-Maßnahmen ereignet. Zudem wurden 12 Angriffe der Polizei auf die Presse dokumentiert. Die Organisation geht zudem von einer hohen Dunkelziffer an Fällen von Gewalt gegen Medienschaffende aus.

„In Deutschland verging in den vergangenen zwei Jahren kaum eine Woche, an dem es keine Beleidigungen von Medienschaffenden, keine Schläge oder Schubsereien, keine veröffentlichten Klarnamen und Adressen von Medienvertretern gegeben hätte“, betonte Christopher Resch von Reporter ohne Grenzen in einem Gastbeitrag für den KNA Mediendienst.

Deutschland von von „gut“ auf „zufriedenstellend“

Im Vorjahr war Deutschland in der ROG-Bewertung bereits von „gut“ auf „zufriedenstellend“ abgerutscht. Das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) hatte jüngst eine eigene Bilanz veröffentlicht, nach der es im vergangenen Jahr 83 gewaltsame Angriffe auf Medienschaffende gegeben hat.

In ihrer 20. Ausgabe erscheint die Rangliste der Pressefreiheit in diesem Jahr einmalig zum Welttag der Pressefreiheit am 3. Mai. Insgesamt werden in diesem Jahr 12 Länder mehr in der schlechtesten Kategorie „sehr ernste Lage“ aufgeführt – und damit mit 28 so viele wie noch nie. Auch zählte ROG Ende 2021 so viele inhaftierte Journalistinnen und Journalisten wie noch nie. Auf den hintersten Plätzen landeten in der Rangliste Myanmar und Iran sowie erneut Turkmenistan, Eritrea, Nordkorea und China. Die Top-Platzierungen machen wie zuvor die skandinavischen Länder weitgehend unter sich aus: Norwegen kommt zum sechsten Mal in Folge auf Platz 1. Es folgen Dänemark und Schweden.

Papst dankt Journalisten

Papst Franziskus hatte bereits am Sonntag Journalisten weltweit für ihren Einsatz gedankt. „Ich ehre die Journalisten, die persönlich für das Recht der Pressefreiheit bezahlen“, sagte der 85-Jährige auf dem Petersplatz im Vatikan aus Anlass des Tags der Pressefreiheit. Im vergangenen Jahr seien 47 Journalisten getötet und Hunderte bei ihrer wichtigen Arbeit festgenommen worden, so der Papst weiter.

Unterdessen eröffnete anlässlich des Gedenktages die Unesco mit der Verleihung des Guillermo-Cano-Preis an den Belarussischen Journalistenverband BAJ ihre Weltkonferenz zur Pressefreiheit. Der Einsatz von Reporterinnen und Reportern, die von den Kriegsgeschehnissen in der Ukraine berichteten, könne nicht hoch genug geschätzt werden, erklärte der Generalsekretär der Deutschen Unesco-Kommission, Roman Luckscheiter.

Von Rainer Nolte und Alexander Riedel (KNA)