Die Staatsanwaltschaft Bremen fordert, an der Verurteilung des evangelischen Pastors Olaf Latzel (54) wegen Volksverhetzung festzuhalten.
Bremen – Die Staatsanwaltschaft Bremen fordert, an der Verurteilung des evangelischen Pastors Olaf Latzel (54) wegen Volksverhetzung festzuhalten. Der Geistliche habe Homosexuellen das Recht abgesprochen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Teilnehmer des Christopher-Street-Days als Verbrecher bezeichnet, sagte Staatsanwältin Melina Lutz am Freitag im Berufungsprozess vor dem Landgericht der Hansestadt. Damit habe er sich bewusst unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit volksverhetzerisch geäußert. Das Urteil der ersten Instanz sei fehlerfrei. Seine Reue nehme sie Latzel nicht ab, so Lutz.
Die Verteidiger des Pastors hingegen forderten einen Freispruch. Der Geistliche habe die umstrittenen Äußerungen vor 30 Mitgliedern seiner Gemeinde getätigt und niemandem zum Hass angestachelt, sagte Anwalt Sascha Böttner in seinem einstündigen Plädoyer. „Volksverhetzung gibt es nicht ohne Volk und Hetze.“ Latzel habe mit seinen Worten andere Menschen auf Sünde hinweisen wollen. „Wenn man darauf nicht mehr hinweisen darf, dann ist das letztlich das Ende der Glaubensfreiheit.“
Latzel selbst entschuldigte sich erneut für seine Worte: „Ich wollte und werde niemanden als Menschen angreifen und diskreditieren – egal, welche sexuelle Einstellung er hat.“
Homosexualität als „Degenerationsformen von Gesellschaft“
Der Pastor der Bremer Sankt-Martini-Gemeinde hatte in einem auch auf Youtube veröffentlichten Eheseminar unter anderem Homosexualität als „Degenerationsformen von Gesellschaft“ bezeichnet und gesagt: „Überall laufen diese Verbrecher rum, von diesem Christopher-Street-Day.“ Er sprach von „Genderdreck“, der ein „Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung“ und „zutiefst teuflisch und satanisch“ sei.
Das Amtsgericht Bremen hatte Latzel deshalb 2020 wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 90 Euro verurteilt, also 8.100 Euro. Dagegen wehrt sich der konservative Seelsorger. Vergangene Woche sagte er beim Auftakt des Berufungsprozesses, er habe lediglich die Homosexualität und die Gender-Theorie verurteilt, nicht aber die betroffenen Menschen. Damit sehe er sich an die Bibel gebunden, die homosexuelle Taten als Sünde einstufe.
Ein von der evangelischen Theologin Isolde Karle eingeholtes Gutachten bezieht das Gericht auf Antrag der Verteidigung nicht in die Urteilsfindung ein. Karle hatte am Freitag gesagt, für Latzels Aussagen gebe es im Christentum keine Grundlage. Der Pastor sei „professionsethisch untragbar“. Verteidiger Böttner hatte ihr daraufhin Einseitigkeit und eine Überschreitung ihrer Kompetenzen vorgeworfen. Richter Hendrik Göhner gab seinem Ablehnungsgesuch am Montag statt. Der ebenfalls als Gutachter bestellte katholische Bibelwissenschaftler Ludger Schwienhorst-Schönberger hatte ausgeführt, Latzels Position entspreche zwar nicht dem Mainstream, sei aber von der Bibel gedeckt. Diese Expertise fließt in die Beweisaufnahme mit ein.
In dem Prozess soll am Freitag ein Urteil fallen. Es darf nicht härter ausfallen als das Urteil des Amtsgerichts.