Overbeck: „Lateinamerika ist zurück auf der Weltkarte des Hungers.“

Das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat sieht als Folge der Corona-Pandemie einen „Armuts-Tsunami“ auf dem Kontinent.
Das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat sieht als Folge der Corona-Pandemie einen "Armuts-Tsunami" auf dem Kontinent.

Adveniat-Bischof Overbeck (Foto: Alexandra Roth | Bistum Essen)

Das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat sieht als Folge der Corona-Pandemie einen „Armuts-Tsunami“ auf dem Kontinent. Die Menschen suchten zu Tausenden im Müll nach Lebensmittelresten, sagte Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier am Montag bei der Vorstellung der Jahresbilanz des Hilfswerks in Essen. Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck sagte: „Lateinamerika ist zurück auf der Weltkarte des Hungers.“

Er verwies auf extreme Preisanstiege unter anderem bei Lebensmitteln, auch infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Auch das Leiden und der Hunger in Lateinamerika seien eine „humanitäre Katastrophe“; sie dürften selbst angesichts des „größten Unrechts“ in der Ukraine nicht vergessen werden.

Strukturelle Projektarbeit extrem erschwert

Durch die Pandemie ist laut Adveniat die strukturelle Projektarbeit in Lateinamerika extrem erschwert worden. Deshalb und auch angesichts der grassierenden extremen Not habe man sich im abgelaufenen Jahr verstärkt in der Nothilfe engagiert. So habe das Hilfswerk in 580 Projekten allein zehn Millionen Euro für Lebensmittel- und Medikamentenhilfe ausgegeben. Dies bedeute allerdings keine Änderung der grundsätzlichen strukturellen Ausrichtung, so Geschäftsführerin Tanja Himer. Dienstreisen und persönliche Kontakte vor Ort sollten möglichst bald wieder aufgenommen werden.

Das Hilfswerk selbst hat durch die Pandemie-Beschränkungen einen Einnahmenrückgang von rund zehn Prozent für das abgelaufene Geschäftsjahr (von Oktober 2020 bis September 2021) zu beklagen. Die Weihnachtskollekte, die traditionell am 24. und 25. Dezember in allen katholischen Kirchen in Deutschland gesammelt wird, erbrachte knapp 12 Millionen Euro und damit nur etwa die Hälfte der Vor-Corona-Zeit, wie aus dem Zahlenwerk hervorgeht.

Allerdings stiegen die Einzelspenden von zuletzt rund 12 Millionen auf einen Höchststand von 19,6 Millionen Euro. Insgesamt sanken die Erträge von zuletzt 48,6 Millionen Euro auf 43,6 Millionen Euro. Neben Weihnachtskollekte und Einzelspenden setzen sie sich unter anderem aus weiteren Spenden, Aktions-Geldern, Nachlässen, Zuwendungen und Zinserträgen zusammen. Laut der Jahresbilanz förderte Adveniat im vergangenen Geschäftsjahr 1.500 Projekte mit insgesamt 29,3 Millionen Euro.

Weltweite Solidarität gefordert

Hauptgeschäftsführer Pater Maier forderte: „Die Antwort auf die weltweiten Notstände muss weltweite Solidarität sein.“ Er verlangte von der internationalen Politik unter anderem gerechten Zugang zu Impfstoffen sowie mehr Einsatz für die Rechte der indigenen Bevölkerungen. Infolge von Naturkatastrophen, Armut, Menschenrechtsverletzungen und Chancenlosigkeit hätten sich aus mehreren Ländern Lateinamerikas und der Karibik Flüchtlings-Trecks auf den Weg gemacht, so Maier. „Adveniat steht an ihrer Seite“ und kümmere sich etwa um Migrantenseelsorge, Versorgung und Rechtsbeistand.

Adveniat ist das Hilfswerk der deutschen Katholiken für die Kirche Lateinamerikas. Der Name leitet sich ab von der lateinischen Vaterunser-Bitte „Adveniat regnum tuum“ („Dein Reich komme“). Das in Essen ansässige Hilfswerk wurde 1961 von der Deutschen Bischofskonferenz ins Leben gerufen. Seitdem unterstützt Adveniat die Kirche in Lateinamerika und der Karibik bei ihrem Einsatz für die arme Bevölkerung. Seit der Gründung erhielt die Bischöfliche Aktion Adveniat, so der offizielle Titel, rund 2,5 Milliarden Euro an Spenden. Jährlich fördert sie rund 2.000 Projekte mit zuletzt etwa 35 Millionen Euro. Die kommende bundesweite Weihnachtsaktion steht unter dem Motto „Gesundsein fördern“.