Der Limburger Bischof Georg Bätzing würde heute den Betroffenenbeirat um Rat fragen, wenn er wieder über eine Personalangelegenheit nach Vorwürfen des Missbrauchs oder der sexuellen Belästigung entscheiden müsste. Das sagte er am Donnerstagabend beim Katholikentag in Stuttgart zur umstrittenen Beförderung eines Priesters nach Belästigungsvorwürfen.
Stuttgart – Der Limburger Bischof Georg Bätzing würde heute den Betroffenenbeirat um Rat fragen, wenn er wieder über eine Personalangelegenheit nach Vorwürfen des Missbrauchs oder der sexuellen Belästigung entscheiden müsste. Das sagte er am Donnerstagabend beim Katholikentag in Stuttgart zur umstrittenen Beförderung eines Priesters nach Belästigungsvorwürfen. Im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) und katholisch.de betonte Bätzing: „Den Beirat hatte ich damals nicht. Heute würde ich ihm die gesamte Angelegenheit vorlegen und um Rat fragen.“
Er wisse inzwischen mehr über die Komplexität solcher Situationen, fügte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hinzu: „Es geht nicht um Strafwürdigkeit oder nicht. Es geht um Verletztheit und um einen Konflikt, der einfach unglaublich tief geht.“ Er habe allerdings die Entscheidung so getroffen, „und damit muss ich leben“, ergänzte Bätzing.
Bätzing verteidigte Beförderung
Erneut verteidigte er es, den Priester befördert zu haben, obwohl er ihn zuvor getadelt und abgemahnt hatte, nachdem zwei Frauen dem Geistlichen sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten. Solche Übergriffe seien ein „ein absolutes No-Go“, so der Bischof weiter. Er habe daher mit allen Betroffenen gesprochen über die Taten von 2000 und 2007, also aus der Zeit lange vor seinem Amtsantritt 2016.
Aber, so fragte Bätzing weiter: „Kann ich einen Mitarbeiter, der eine Abmahnung bekommen hat für lange zurückliegende Taten, für immer ausschließen?“ Der Pfarrer sei von anderen Seelsorgern seines Bezirks mit großer Mehrheit vorgeschlagen worden, und dann habe eine Personalkommmission – „also nicht nur ich und nicht nur Priester“ – ihn befördert.
Bätzings Entscheidung für betroffene Frau nicht nachvollziehbar
Er habe die betroffene Frau informiert und verstehe, dass sie diese Entscheidung nicht nachvollziehen könne. Im ersten Gespräch habe sie ihm lediglich signalisiert, dass dies „schwer“ für sie wäre. Später, als gemeinsame Bilder von Bätzing mit dem Beschuldigten auftauchten, habe sie erklärt, dass dies für sie überhaupt nicht gehe. Laut einem Bericht der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“ hatte der katholische Priester eine evangelische Pfarrerin in Ausbildung und eine katholische Gemeindereferentin verbal und körperlich sexuell belästigt.
Bei einer Podiumsdiskussion am Nachmittag bewertete SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert den Vorgang mit Skepsis. Solche „beklemmenden Gespräche und Situationen“ wie jene zwischen Bätzing und der Betroffenen entstünden dann, wenn es keine klaren Regeln gebe, erklärte der Politiker. Für die Mitarbeiterin sei es belastend, überhaupt befragt zu werden und mittelbar über die Seelsorge vor Ort mitentscheiden zu müssen. Ein derartiger Druck sei „eine Bürde“, mahnte Kühnert. Der Staat hätte „nicht zulassen dürfen“, dass die Kirchen und andere Institutionen Verfehlungen in ihren Reihen zunächst selbsttätig aufklären wollten.
Auch die Vertreterin des Betroffenenbeirats bei der Bischofskonferenz, Johanna Beck, äußerte sich kritisch. Bätzings Vorgehen lasse darauf schließen, „dass man die Dynamiken einfach noch nicht ganz parat hat“. Die Mitarbeiterin habe auf Bätzings Frage zum Umgang mit dem Beschuldigten möglicherweise in einem „Schockzustand“ reagiert.