Die Große Kammer des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs will am 11. Juli ihr Urteil in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei sprechen.
Straßburg – Die Große Kammer des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs will am 11. Juli ihr Urteil in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Türkei sprechen. Das kündigte das Gericht in Straßburg am Montag an. Veranlasst wurde das Verfahren durch die Weigerung Ankaras, eine frühere Entscheidung zu dem inhaftierten türkischen Menschenrechtsaktivisten Osman Kavala umzusetzen. Von dem Urteil kommende Woche hängen mögliche Folgen für die Mitwirkung der Türkei im Europarat ab.
Kavala saß über vier Jahre in Untersuchungshaft, weil ihm staatsfeindliche Umtriebe in Zusammenhang mit den regierungskritischen Gezi-Protesten von 2013 und dem Putschversuch 2016 vorgeworfen wurden. Er selbst weist die Anschuldigungen zurück. Der Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg bewertete einen ersten Prozess gegen ihn im Dezember 2019 als politisch motiviert und verlangte Kavalas Freilassung. Die Türkei ignorierte dies.
Das Ministerkomitee des Europarates bat daraufhin am 2. Februar den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte um Klärung, ob die Türkei ihre Verpflichtung zur Umsetzung des Urteils verletzt habe. Dieser Fall wurde der Großen Kammer mit 17 Richtern zugewiesen. Laut Mitteilung des Gerichts reichten das Ministerkomitee, die türkische Regierung und Kavala schriftliche Stellungnahmen ein, ebenso Europarats-Menschenrechtskommissarin Dunja Mijatovic.
Ende März hatte ein Gericht in Istanbul Kavala wegen versuchten Umsturzes zu lebenslanger Haft ohne Bewährung verurteilt. International stieß die Entscheidung auf scharfe Kritik, auch seitens der Bundesregierung. Die Anwälte des 64-Jährigen kündigten Berufung an.