„Ende der Zeitzeugenschaft?“

Was wird sein, wenn keine Überlebenden der Schoah mehr leben und befragt werden können?

"Ende der Zeitzeugenschaft?"

Holocaust-Mahnmal in Berlin (Symbolfoto: pixabay)

Was wird sein, wenn keine Überlebenden der Schoah mehr leben und befragt werden können? Mit dem Umgang von Zeitzeugnissen des Holocausts setzt sich deshalb ab Donnerstag eine Ausstellung in Berlin auseinander, wie die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum am Dienstag ankündigte. Eröffnet wird die Schau unter dem Titel „Ende der Zeitzeugenschaft?“ an diesem Mittwoch von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Sie wurde in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Hohenems und der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg konzipiert.

Entwicklung der Zeitzeugenschaft von 1945 bis heute

Das Centrum Judaicum sei ein „Gedächtnisort des jüdischen Berlins“, erklärte Stiftungsdirektorin Anja Siegemund. „Erinnerung gehört zu unseren Kernfragen.“ Die bis zum 8. Januar 2023 dauernde Schau zeichne anhand von Videostationen, Fotos und weiteren Dokumenten die Entwicklung der Zeitzeugenschaft von 1945 bis heute nach. Nach dem Völkermord an den Juden waren die Überlebenden demnach zunächst oft allein mit ihren Erinnerungen, das Interesse daran begann in Deutschland verstärkt erst seit den 1980er-Jahren.

Die Ausstellung war erstmals 2019 im Jüdischen Museum Hohenems zu sehen. In der Hauptstadt wird sie um Zeitzeugeninterviews mit Berlin-Bezug ergänzt. Zudem wurden spezielle Interviews mit zeitgenössischen Berliner Jüdinnen und Juden verschiedener Herkunft zu ihrem Umgang mit der Vergangenheit geführt.

„Auch Schweigen gehört zum Erzählen dazu.“

Dabei gehe es auch um den „kompletten Prozess des Zeugnisablegens – also einen Blick hinter die Kulissen“, sagte Kuratorin Anika Reichwald. Dazu gehörten die Interviewenden und ihre Erwartungen ebenso wie das Setting – also etwa die Technik beim Interview. Es gehe „weniger um die Frage des ‚Was‘ – also die historischen Fakten – als um die Frage, wie etwas erzählt wird“, so Reichwald. „Wir wollen dabei auch brechen mit der Vorstellung, dass jemand reden muss: Auch Schweigen gehört zum Erzählen dazu.“

Noch gibt es demnach hunderttausende Schoah-Überlebende. „Ich glaube aber nicht, dass der Holocaust verloren geht, auch wenn alle Zeitzeugen gestorben sind“, so Co-Kuratorin Alina Gromova. „Die Erinnerung an die Schoah ist auch in der zweiten, dritten und vierten Generation stark verankert.“

kna